Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 46 = 2.F. 10 (1904))

Personen- und Eigenschaftsirrtum bei der Eheschließung. 207
Um dieselbe aber richtig gewinnen zu können, erscheint
eine nähere Betrachtung angezeigt, in welchem Sinne bisher
nach Wissenschaft und Praxis (insbesondere des Allgemeinen
preußischen Landrechts) vor allem das Wort „Eigenschaft" ge-
faßt wurde. Denn gerade aus der hieraus sich ergebenden
Möglichkeit, dasselbe in engerem oder weiterem Sinne zu
fassen, gewinnen wir sicheren Boden für die Beantwortung der
Frage, was die bei der Schaffung des B.G.B. tätig gewesenen
Faktoren wollten, wenn der eine Teil hiervon — der schließlich
unterlegen ist — den „persönlichen Eigenschaften", wie unter
Ziffer I dargetan, die „persönlichen Verhältnisse" beigesetzt, der
andere Teil aber letztere in Wegfall gekommen wissen wollte.
Wollen wir also zuvörderst mit der Judikatur beginnen.
Nach einer Entscheidung, abgedruckt in Gruchot. Bei-
träge, Bd. 13 S. 519, hatte der Vorderrichter den Miets-
ertrag eines Grundstückes als etwas erfahrungsgemäß rein Zu-
fälliges, von äußeren und persönlichen Einflüssen Abhängiges
und darum nicht als „Eigenschaft" des Grundstückes im Sinne
des Allgemeinen preußischen Landrechts bezeichnet, da diese viel-
mehr „ein der Sache ganz objektiv auch unter den ver-
schiedensten Voraussetzungen anklebendes Merkmal bilde"; unter
Mißbilligung dieses Ausspruches entschied hiergegen das preußische
Obertribunal unter dem 7. September 1868: „die Bezeichnung
Eigenschaft werde nach dem Sprachgebrauch auch von zu-
fälligen Umständen gebraucht, insofern sie sich nur längere
Zeit an einem Dinge befänden."
Derselbe Gerichtshof erkennt weiter, wie sich in einer
Entscheidung des Reichsgerichts vom 21. Mai 1885, I. W.,
S. 246 Nr. 24 abgedruckt findet, in einem Urteil vom 2. März
1871 als „Eigenschaften (im Sinne des § 81 Teil I Tit. IV
des A. pr. L.R.) rein persönliche, sei es körperliche oder geistige
positive oder negative Fähigkeiten."

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