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HanS Reichel,
Erbfalle in Kraft Einstweiliger Verfügung eingetragene V.
(§ 19902 B.G.B., § 221 K.O.). Ob die Einstweilige Ver-
fügung vor oder nach dem Erbfalle erlaffen worden ist, ist in
allen diesen Fällen gleichgültig. Ein kasuistisches Beispiel
bietet Strohal, Erbrecht, 2. Aufl. S. 493.
Zu IV. Insoweit der Erbe unbeschränkt haftet, stehen
ihm auch die aufschiebenden Einreden aus §§ 2014/2015 B.G.B.
nicht zu (§ 20162). Der Inhalt dieser Einreden ist folgender:
a) Verweigerung der Berichtigung einer Nachlaßverbindlichkeil
bis zum Ablaufe von drei Monaten nach der Erbschafts-
annahme, spätestens allerdings bis zur vollendeten Errichtung
des Inventars, b) Verweigerung der Berichtigung einer Nach-
laßverbindlichkeit während schwebenden Aufgebotsverfahrens.
Der Dormerkungsgläubiger — ausgenommen natürlich den-
jenigen, der seine V. kraft Einstweiliger Verfügung nach dem
Erbfalle erlangt hat — wird also durch diese Einreden nicht
getroffen. 0um grano salis können wir daher sagen: V.
bricht des Erben Aufschub.
Dritter Abschnitt: Wesen -er B.
Das Wesen eines Rechts wird erkannt aus den Wirkungen,
die es entfaltet. Wir haben die Wirkungen der V. im Vorher-
gehenden betrachtet. Wir fragen jetzt: wie haben wir den Be-
griff der V. juristisch aufzubauen? Damit sind wir auf die
Kernfrage unserer Betrachtung gekommen.
Wan halte die Frage nach dem Wesen der V. nicht für
doktrinär. Ihre Beantwortung hat schwerwiegende praktische
Konsequenzen. „Die Wissenschaft darf, um wahrhaft praktisch
zu sein, sich nicht auf das Praktische beschränken" (I he ring
in diesen Jahrbüchern, Bd. 1 S. 18). Nirgends aber ist die
kurzsichtig bloß auf die unmittelbar gegebenen einzelnen Rechts-
sätze ihr Augenmerk richtende „Paragraphenjurisprudenz" so