Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 36 = N.F. 24 (1896))

222

L ippm an n.

Daß in dem zuletzt gedachten Falle auch der Anfechtungs-
beklagte den Einwand der Zahlung bat, ist nirgends bestritten.
Wie ist nun dieses zu erklären? Jedes Urtheil wirkt unbedingte
Rechtskraft nur für den Zeitpunkt seines Erlasses. Der ver-
urtheilte Schuldner kann diese Rechtskraft durch Einwendungen
wieder beseitigen, die erst hinterher entweder entstanden oder
doch ihm zugänglich geworden sind. Damit ist in gleicher
Weise auch eine unbedingte Vollstreckbarkeit des Urtheils auf
diesen Zeitpunkt beschränkt. Denn die Vollstreckbarkeit des
Urtheils ist die Konsequenz der Rechtskraft und es muß des-
halb auch der Anfechtungsbeklagte berechtigt sein, den ihm an
sich fremden Einwand der Zahlung geltend zu machen, um den
Nachweis zu führen, daß die Vollstreckbarkeit des Urtheils, wie
solche mit der Rechtskraft desselben normirt war, nicht mehr
vorhanden sei. Die Rechtskraft des Urtheils selbst kann er
zwar nicht umstoßen, nur der Schuldner könnte dies. Der
Einwand negirt daher nur eine der Voraussetzungen des An-
fechtungsrechts als zur Zeit der Zwangsvollstreckung nicht
mehr vorhanden. Nur durch die Zwangsvollstreckung wird
auch das Interesse des Anfechtungsgegners berührt. Wenn
nun das Recht des letzteren parallel läuft mit dem Rechte des
Schuldners, durch förmliche Widerspruchsklage auch die Rechts-
kraft selbst beseitigen zu können, so scheint mir der Ursprung
der Befugnisse des Schuldners und des Anfechtungsbeklagten
aus einer gemeinsamen Wurzel evident zu sein. Beide stützen
sich auf ein Erloschensein des Gläubigerrechts, und wenn der
Schuldner berechtigt ist, die Rechtskraft des Urtheils zu negiren,
so muß auch der Anfechtungsbeklagte berechtigt sein, gegen
die Vollstreckung desselben Widerspruch zu erheben. Wer be-
sondere Obligation zwischen Gläubiger und Anfechtungsgegner

seits darthun, somit die Schlechtgläubigkeit als Voraussetzung des Au-
sechtungsrechts im einzelnen Falle widerlegen will.

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer