Stellvertretung und Vollmacht.
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von der ertheilten Vollmacht nichts wußte und auch durch den
Dritten, der das Gegentheil für selbstverständlich halten mochte,
keine Mittheilung darüber erhielt? Der Freund hat hier Ver-
tretungsmacht. ohne es zu wissen; er ist und bleibt veKotioruw
Z68wr trotz der ertheilten Vollmacht; von einem Vertrags-
Verhältnisse zwischen ihm und dem dominus ist gar keine Rede.
Oder Jemand, der einem Vertreter durch Erklärung ihm
gegenüber Kollektivvollmacht ertheilt hat, bezeichnet ihn durch
Cirkular an Dritte als Bevollmächtigten schlechtweg: wird man
zweifeln, daß, wenn nun dieser Vertreter ohne Zuziehung der
Mitbevollmächtigten namens des Prinzipals Kontrakte ab-
schließt, mit oder ohne Kenntniß jenes Eirkulars, daß aus
solchen Kontrakten der Prinzipal berechtigt und verpflichtet wird *) ?
Wenn dem Dritten die Vollmacht durch Vermittelung
des Stellvertreters selbst mitgetheilt wird, so fungirt insoweit,
sagte ich, der Stellvertreter als bloßer Bote: er überbringt die
von dem Prinzipal ausgehende Willenserklärung als solche.
Diese botenmäßige Mittheilung kann natürlich nicht bloß aus-
drücklich und nicht bloß durch detaillirte Auseinandersetzung
des Umfangs der Vollmacht, sondern auch stillschweigend ein-
fach dadurch erfolgen, daß der Stellvertreter sich dem Dritten
gegenüber als bevollmächtigt gerirt. Weicht die sei es aus-
drückliche, sei es stillschweigende Mittheilung des Stellvertreters
in irgend einem Punkte von der ihm wirklich gegebenen Er-
mächtigung ab, so gelten diejenigen Grundsätze, die überhaupt
gelten, wenn ein Bote seinen Auftrag nicht in Uebereinstimmung
mit seiner Instruktion ausrichtet, und zwar sowohl hinsichtlich
der Haftung des Prinzipals wie hinsichtlich der des Stell-
vertreters selbst. Wer mit mir der Ansicht ist, daß der Prin-
zipal für bewußte Entstellungen des Auftrags durch den
1) Vgl. den Rechtsfall bei Seuffert, Bd. 12 Nr. 60.
XXXVI. N. F. XXIV.