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Otto Lenel,
Rheder verpflichtet werden, wenn der Schiffer ein Darlehn
ausgenommen und für das Schiff verwendet hat, auch wenn
dieser es gar nicht für Schiffszwecke gefordert noch erhalten
hat. Gesetzt also, der Schiffer hätte auf seinen persönlichen
Kredit hin zu nicht angegebenem Zweck — etwa, um Spiel-
schulden zu bezahlen, — ein Darlehn ausgenommen, nachher
aber sich anders besonnen, den Betrag dieses Darlehns für
Schiffszwecke verwendet und die Spielschulden mittels eines
zweiten Darlehns getilgt, so würde der erste Darlehnsgläubiger
die actio exercitoria haben. Oder ein zu Darlehnsaufnahmen
ermächtigter Institor, der Gelder seines Prinzipals unterschlagen
bat, nähme auf seinen persönlichen Kredit bei einem Wucherer
ein Darlehn auf, um Geschäftsgläubiger, die er mit jenen
Geldern hätte bezahlen sollen, zu befriedigen: nach Schloß-
mann könnte der Wucherer den Prinzipal mit der iv8titoria
belangen. Wir würden hier ein Rechtsinstitut vor uns haben,
das über die berüchtigte actio äe in row verso utilis in ihrer
schlimmsten Gestalt noch weit hinausginge. Denn diese hielt
man doch immer nur bis zum Belauf der Bereicherung be-
gründet; hier aber würde der Prinzipal, wenn nur der Ver-
wendungszweck überhaupt in die Geschäftssphäre des Ange-
stellten fiel, immer bis zur Höhe des wirklich verwendeten
Betrags hasten, auch wenn die Bereicherung weit dahinter
zurückbliebe. Ist es glaublich, daß der Prätor ein derartiges
Rechtsinstitut habe sanktioniren wollen? Wer sich zur Be-
jahung dieser Frage nicht entschließen kann, wird mit der herr-
schenden Meinung zu dem Ergebniß kommen müssen: die Vor-
aussetzungen der adjekticischen Klagen decken sich mit dem
Thatbestand, den wir heute Kontrahiren in fremdem Namen
nennen, die adjekticischen Klagen sind von dem Institut der
direkten Stellvertretung absorbirt.