Rückwirkung und Rechtsgeschäft der AufrechnungSerklärung. 551
griffsrecht gegen den Hauptschuldner hat und demzufolge kraft
des Gesetzes mit einer Zahlung an den Gläubiger in deffen
Rechte gegenüber dem Hauptschuldner eintreten würde. Der
Gläubiger muß daher von vorn herein mit diesem Rechte des
Bürgen rechnen. Verlangt er Zahlung vom Bürgen, so muß
er sich sagen, daß mit der Zahlung sein Forderungsrecht gegen
den Hauptschuldner von Rechts wegen auf den Bürgen über-
geht. Damit ist ein Gegenseitigkeitsverhältniß zwischen Bürg-
schaftsschuld und der Forderung des Gläubigers gegeben und
der Bürge ist daher in seinem vollen Rechte, wenn er vor
einer Zahlung unter Hinweis auf dies Berhältniß dem Gläubiger
bemerklich macht, dieser möge erst die Forderung beseitigen, die
den Hauptschuldner an ihn, den Gläubiger, habe"^). Der
Gläubiger muß dem Bürgen dafür Gewähr leisten, daß der
letztere die an den ersteren geleistete Zahlung sich vom Haupt-
schuldner wieder holen kann. Er hat aber die Zahlung nicht
sicher, wenn dem Hauptschuldner ein Kompensationsrecht gegen
den Gläubiger zusteht.
Bisher habe ich das Recht des Bürgen nach § 770 nur
aus dem Rechte des Gläubigers hergeleitet. Es ist aber auch
das ureigenste Recht des Bürgen selbst. Nach der Entwickelung,
die die Sache genommen har, und auch nach dem Rechte des
B.G.B. gehört, abweichend vom gemeinen Rechte, das Recht
des Bürgen aus § 770 zum festen Thatbeftande seiner Befug-
119) So auch schon Koch, Kommentar, Note SS zu § 328 I, 16
A.L.R. und Dernburg, Kompensation, S. 459 fg. Damit entfällt auch
Kohler's polemische Bemerkung (Busch, Zeitschrift für den deutschen
Eivilprozeß, Bd. 20 S. 74) gegen mich (vergl. Jhering's Jahrb., Bd. 3S
S. 227 fg.), daß der Gläubiger dem Bürgen gegenüber zur Kompensation
nur berechtigt, nicht aber verpflichtet sei. Und auch da8 B.G.B. hat mir
meines Erachtens Recht gegeben, wenn nach § 770 der Bürge die Erfüllung
seiner Schuld so lange weigern kann, als der Gläubiger sich durch
Aufrechnung gegen den Hauptschuldner befriedigen kann.