Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 43 = 2.F. 7 (1901))

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Lippmann,

auf die Wirkung der erklärten Aufrechnung an. Denn diese
Wirkung zu bestimmen, hätte lediglich Interesse für das Ver-
hältniß zwischen Gläubiger und Hauptschuldner. In dem Ver-
hältnisse zwischen Gläubiger und Bürgen handelt es sich viel-
mehr darum, das an sich nur dem Hauptschuldner zustehende
Kompensationsrecht in seiner Wirkung auf den Umfang
der Schuldvervflichtung des Bürgen so zu bewerthen,
daß die Verpflichtung des Bürgen nicht über die des Haupt-
schuldners hinausgehen kann. Der Bürge hat von' dem ganzen
Kompensationsrechte des Hauptschuldners nur einen Theil. Ein
Element dieses Rechts tritt hier abgesondert und darum augen-
fällig in die äußere Erscheinung, das Recht des retinere ex
eompensatione, das deshalb auch in jedem Aufrechnungsrechte
enthalten sein muß.
So ist die Sache zu beurtheilen von dem Gesichtspunkte
aus, daß die Verpflichtung des Hauptschuldners das Maximum
der Verpflichtung des Bürgen bildet, die Verpflichtung des
letzteren nur accessorisch ist. Und das B.G.B. hat meines Er-
achtens diesen Gesichtspunkt im § 769 auch in Bezug auf das
Aufrechnungsrecht zur Geltung gebracht, sobald man nur an-
zunehmen hat, daß die Rechtsgeschäftstheorie für das Bürg-
schaftsrecht keine Bedeutung haben soll.
Man hat nun aber auch weiter einen anderen Gesichts-
punkt, den der Subsidiarität der Bürgschaftsverpflichtung zu
berücksichtigen, und anscheinend hat lediglich unter diesen Ge-
sichtspunkt das B.G.B. die Sache im § 770 gebracht. Der
Bürge kann nach § 770 die Zahlung weigern, weil der
Gläubiger erst die Aufrechnung mit der Gegenforderung des
Hauptschuldners bewirken soll. Der Bürge spielt hier gegen
den Gläubiger das diesem gegen die Forderung des Haupt-
schuldners zustehende M retinendi aus und das Recht dazu
muß ihm um deshalb zustehen, weil er gesetzlich das Rück-

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