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Lippmann,
ursprünglichen causa. In der Ausweitung, die die Sache
nach der Fassung des § 393 erhalten hat, scheint mir nicht
genügende Raison zu liegen, und die Motive selbst bemerken,
daß speziell im Konkurse die Versagung des Kompensations-
rechts von sehr eingreifender Wirkung sein könne, halten aber
trotzdem dies für unerheblich. Aber freilich: wer die Be-
stimmung des § 393 lediglich auf das Aequitätsprinzip gebaut
wissen will, wer den kategorischen Imperativ des Gesetzes in
ihr nicht erkennt, kann im § 393 nur eine Beschränkung
privatrechtlicher Dispositionsbefugniß erblicken, die an der Sache
selbst haften bleibt und folgeweise auf jeden Rechtsnachfolger
der ursprünglichen Interessenten aktiv und passiv übergehen
kann. Im Konkursverfahren streiten sich die verschiedenen
Gläubiger aber doch nur unter sich und so zu sagen nur um den
Leichnam des Gemeinschuldners 107).
15.
Die Motive stellen das Zurückbehaltungsrecht in Gegensatz
zu dem Aufrechnungsrechte, wenn sie (Bd. 2 S. 42) erklären,
das erstere diene vorzugsweise zur Sicherung und als Zwangs-
107) Interessant wäre auch die Frage der Anwendbarkeit des § 393
in dem Falle, daß eS sich um eine gegenseitige vorsätzliche Schadenszufügung
handelt. Sollte hier nicht der § 393 überhaupt zu eessiren haben? Sicher-
lich kann kein Theil eine besondere Begünstigung beanspruchen, eine be-
sondere Unbilligkeit rügen, zumal wenn es sich um einen beiderseitigen
dolus uno actu, z. B. in einer Schlägerei, handelt. Bei getrennter Ver-
handlung der Streitsälle würde der Strafrichter wohl unzweifelhaft jedem
Theile den Bußanspruch gesondert zusprechen müssen. Und dies auS
Gründen der Kompetenz. Bei einheitlicher Verhandlung dagegen scheint
mir der Strafrichter zur Abrechnung der Bußansprüche zweifellos befugt
zu sein, wenn er sogar bei Bemessung der ösientlichen Strafe darauf Rück-
sicht nehmen kann, daß gegenseitige Schadenszufügung vorlag. Im civil-
prozesiualen Verfahren kann daher die Sache auch nicht wesentlich anders
liegen.