Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 43 = 2.F. 7 (1901))

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Leo Rosenberg,

Arbeitskraft entsprechend anderweit zu verwenden, so muß er
sich anrechnen lassen, was er verdient hat oder hätte verdienen
können (1. 19 §§ 9, 10; 1. 55 8 2 D. 19, 2)* 2). Ebenso
bestimmt das B.G.B. (8 615), daß der Verpflichtete bei An-
nahmeverzug des Dienftberechtigten die vereinbarte Vergütung
verlangen kann, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein.
Doch muß er sich anrechnen lassen, was er durch das Nicht-
leisten erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner
Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt. Dem-
nach ist der Schuldner nicht verpflichtet, Dienste zu suchen;
werden sie ihm aber angeboren, so darf er sie nicht böslich
ausschlagen. Wann eine derartige Böswilligkeit vorliegt, ist
nach Lage des einzelnen Falles zu entscheiden. Der Werk-
meister z. B., dem eine Stelle als Unterarbeiter angeboten
wird, handelt nicht böslich, wenn er diese Stelle nicht an-
nimmt 3 4). Beruht das Dienstverhältniß zugleich auf gegen-
seitigem Vertrauen, wie bei der Gesindemiethe, so kann man
dem Dienstboten nicht zumuthen, daß er die erste beste Stelle
annehme. Gerade bei solchen Verhältnissen hat das richter-
liche Ermessen nach Treu und Glauben einen weiten Spiel-
raum. Der Richter wird namentlich die individuellen Fähig-
keiten und Neigungen des Verpflichteten in angemessener Weise
zu berücksichtigen haben.
Was den Werkvertrag angeht, so verwendet man im ge-
meinen Rechte die Analogie der locatio eoväuetio operarum^, 4a).
a) Bergt. Urtheile des O.G. in Wolfenbüttel vom 28. Mai 1869, in
Seuffert's Archiv, Bd. 23 Nr. 123 S. 194 und vom 7. März 1873,
ebendaselbst Bd. 28 Nr. 220 S. 364.
3) Bergl. Urtheil des O.A.G. in Kassel vom 26. März 1845, in
Seuffert's Archiv, Bd. 8 Nr. 253 S. 489.
4) Bergt. Windscheid, Pand., S.463; Dernburg, Pand.,S. 307.
4») Ist das Werk bereits vollendet, so kommen die Grundsätze zur
Anwendung, die wir oben in den 88 9—i2, S. 213 ff. für „Sachleistungen"
kennen gelernt haben.

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