Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 43 = 2.F. 7 (1901))

Der Verzug des Gläubigers.

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Wahlrecht des Gläubigers zwar auf andere Personen, nicht
aber auf den Schuldner übergehen 5 6 7). So sehr diese Ansicht
auch de lege ferenda zu billigen und zu empfehlen ist, so
kann sie doch für das gemeine Recht keine Geltung beanspruchen.
Wir müssen daher annehmen, daß das Wahlrecht des Gläu-
bigers durch seinen Annahmeverzug nicht berührt wird §).- Der
Schuldner wird in diesem Falle höchstens seinen Gegenanspruch
geltend machen können. Einen paffenden Ausweg hat das
B.G.B. im Anschluß an die oben de lege ferenda gebilligte
Ansicht gesunden. Nach § 264 Abs. 2 kann der Schuldner
den Gläubiger, der mit der Ausübung der Wahl im Verzüge
ist, unter Festsetzung einer angemessenen Frist zur Vornahme
der Wahl auffordern. Leistet der Gläubiger dieser Aufforde-
rung keine Folge, so geht mit dem Ablaufe der Frist das Wahl-
recht auf den Gläubiger über. Man streitet darüber, ob man
nnt der ersten Aufforderung, deren Nichtbeachtung den Verzug
des Gläubigers zur Folge hat, die Bestimmung der ange-
messenen Frist verbinden kann?). Wir meinen, daß der
Schuldner dazu nicht berechtigt ist. Denn Voraussetzung des
§ 264 Abs. 2 ist, daß der wahlberechtigte Gläubiger im Ver-
züge ist. In Verzug kommt er erst, wenn der Schuldner ihn zur
Vornahme der Wahl aufgefordert hat (oben § 3, S. 157), und
zwar beginnt der Verzug, wie wir oben im § 8, S. 210 ff.

5) Vergl. Hirsch, S. 158.
6) EbensoWindscheid, Pand., S. 285Note IO; Hirsch, S. 165ff.;
Entsch. des R.G. in der Juristischen Wochenschrift, Jahrgang 1892, S. 339
Nr. 30.
7) Dafür Cosack, S. 295; Schollmeyer zu § 264 Abs. 2;
Neumann, Kommentar z. B.G.B., Bd. i S. 140. Dagegen Planck,
Note 3 zu § 264; Stammler, Recht der Schuldverhältnisse, S. 137;
Dernburg, S. 100; Oertmann, Note 3 Abs. 2 zu § 264; Gold-
mann-Lilienthal, Das B.G.B., S. 141; Leonhard, Die Wahl
bei der Wahlschuld, in Jhering's Jahrb., Bd. 41 S. 4.
XLIII. 2. F. VII.

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