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Leo Rosenberg,
nicht annehmen zu wollen, im Stande gewesen wäre,
die Leistung vertragsmäßig zu bewirken"). Denn
man kann billigerweise nicht verlangen, daß der Schuldner in
diesem Falle noch umfangreiche Vorbereitungen treffe oder die
Leistung vollständig fertig stelle"). Oder wer wollte es dem
Schuhmacher verargen, dem sein Kunde erklärt hat, er werde
die bestellten Stiefel nicht annehmen, wenn er andere dringende
Arbeit vornimmt und so die Stiefel des Kunden am festge-
setzten Tage nicht liefern kann? Zweifellos ist er erfüllungs-
bereit, wenn er nach Lage der Dinge zur Ablieferung der Stiefel
im Stande gewesen wäre. Und soll hier ein Unterschied be-
stehen, ob der Schuster dem Kunden die Stiefel zu schicken hat,
oder ob verabredet ist, dieser solle sie bei ihm anziehen und die
alten Stiefel zur Reparatur zurücklassen? Doch gewiß nicht!
Oder wer wollte verlangen, um ein Beispiel Kohler's^)
zu verwenden, daß „der Architekt, nachdem ihm der Bauherr
kategorisch abgeschrieben hat, nichtsdestoweniger pro korwa
mit ein paar Dutzend Arbeitern und Gesellen, mit Schaufel,
Karst, Hacke und mit ein paar Steinfuhren an Ort und Stelle
einrücke" ? Auch hier genügt es, daß es dem Baumeister möglich
gewesen wäre, den Bau rechtzeitig beginnen zu können, wenn
der Bauherr ihm nicht abgeschrieben hätte. Hat ferner der
Schuldner die Verpflichtung übernommen, die Waare von dem
18) In dem Angebote, das der Schuldner außerdem zu machen hat,
liegt zugleich die Erklärung, leisten zu wollen.
19) Bergl. z. B. Ensch. deS R.O.H.G., Bd. 10 S. 241: „Diese
ernstliche, antieipierte Abnahmeverweigerung entbindet den Verkäufer von
der Verpflichtung der Anwendung fernerer Thätigkeit zur Herbeiführung der
Vertragserfüllung siehe auch Motive, Bd. 2 S. 71 a. E.;
Mommsen, S. 177; Schollmeyer, S. 189.
20) Köhler in Jhering's Jahrb., Bd. 17 S. 401. UebrigenS
würden die Gegner Kohler'S auch in diesem Falle kein „Realangebot"
verlangen.