Treuhänder im geltenden bürgerlichen Recht.
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ausgedehnterer und anhaltenderer Verwendung giebt als die
römische Gestaltung. Thalsächlich hat sich denn auch der Treu-
handgedanke in den germanischen Rechten um vieles frucht-
barer und lebenskräftiger erwiesen, als im römischen Recht,
wo er nach Erfüllung seiner entwicklungsgeschichtlichen Mission
fast ganz zurückgetreten ist' 8).
§ 3. Grund des Unterschiedes.
Die dem Treuhänder anvertraute Rechtsmacht ist in den
meisten und wichtigsten Fällen, die beide Rechte kennen, eine
sachenrechtliche. Auf dem Boden des Sachenrechts ist des-
halb auch der Grund des Unterschiedes zwischen beiden Rechten
zu suchen. Er liegt in einer Verschiedenheit der Anlage des
römischen und des deutschen Sachenrechts. Und der Grund
für diese Verschiedenheit?
Dort das Fehlen — hier das Vorhandensein
dessen, was wir jetzt das materielle Publizitätsprinzip
nennen.
Bei den Römern ist die wirkliche dingliche Rechts-
lage einer Sache maßgebend im Verhältniß zu jedem Dritten,
gleichgültig, ob oder inwieweit sie allgemein erkennbar oder
dem Dritten sonst bekannt geworden ist. Jeder Nacherwerber
müßte daher alle diejenigen Beschränkungen und Begrenzungen
des erworbenen Rechts, die gegenüber einem Vorerwerber ent-
standen sind, gegen sich gelten lassen, wenn diese sämmtlich
dingliche Kraft hätten — dies ohne Rücksicht auf ihre Un-
erkennbarkeit und seine Gutgläubigkeit. Das wäre mit der
18) Bezeichnend ist, wie der römische Stifter bei Anlehnung seiner
Stiftung an eine Gemeinde das bei der bloß obligatorischen Gebundenheit
der letzteren gegebene geringe Maß von Sicherheit durch Radizirung auf
ein Grundstück vermittelst Verwendung der Erbpacht oder des Pfandrechts
zu verstärken suchte. Bergt, darüber Köhler im Arch. f. bürgerl. R.,
Bd. 3 S. 277 ff.