Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 43 = 2.F. 7 (1901))

Der Verzug deS Gläubigers.

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und denen der zweiten Art besteht nur in dem Umfange der
Leistungsbereitschast, die sich regelmäßig nach der Mitwirkung
richtet, die der Gläubiger beizusteuern hat: in den ersten
Fällen muß der Schuldner thatsächlick leistungs-
bereit fein, in den zweiten genügt das Angebot
einer nur wörtlichen Leistungsbereitschaft. Zu
welchen guten Ergebnissen die Unterscheidung des Angebotes
und der Leistungsbereitschaft und die richtige Fragestellung
führt, wird der weitere Verlauf der Arbeit, insbesondere § 6.
zeigen.
Wie stellt sich das B.G.B. zu unserer Frage? Das B.G.B.
enthält hierüber folgende Bestimmungen:
§ 294. Die Leistung muß dem Gläubiger, so wie sie zu
bewirken ist, thatsächlich angeboten werden.
§ 295. Ein wörtliches Angebot des Schuldners ge-
nügt. wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, daß er die Leistung
nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung
eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere,
wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem
Angebote der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger
gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.
Auf den ersten Blick sollte man meinen, daß das B.G.B.
damit die gemeinrechtliche Lehre von der Real- und Verbal-
oblation sanktionirt habe. Und das ist auch die Ansicht sämmt-
licher Schriftsteller, die unsere Lehre nach dem B.G.B. be-
arbeitet haben10). Denn das „tatsächliche Angebot" des § 294

10) So Hirsch, a. a. O. S. 244; Köhler, Arch. f. bürgerl. Recht,
Bd. 13 S. >93ff.; Munk, Wesen und Voraussetzungen der mora credi-
toris, 1898, S. 62, 65; Planck, Kommentar zum B.G.B. Aum. 2 zu
8 298; Leske, A.L.R. und B.G.B., S. 141; Dernburg, Die Schuld-
verhältnisse nach dem Rechte des Deutschen Reiches und Preußens, >899,

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