Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 43 = 2.F. 7 (1901))

Der Verzug des Gläubiger-.

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Termin bestimmt ist (siehe unten). Es ist daher nur zu
billigen, wenn das dem Beispiel aller neuen Gesetz,
bücher und Gesetzentwürfe 4) folgend, vorschreibt, daß der Gläu-
biger in Verzug kommt, wenn er die angebotene Leistung
nicht annimmt (§ 293)5 *).
Wie hat nun das Angebot zu erfolgen? Das ist eine
vielumstrittene und vielerörterte Frage unserer Lehre. Die ge-
meinrechtliche Doktrin unterscheidet nämlich eine oblatio realis
und eine oblatio verbalis. Die oblatio realis besteht darin,
daß der Schuldner dem Gläubiger den Leistungsgegenstand so
an bietet, daß dieser ihn nach der Annahmeerklärung sofort in
Empfang nehmen kann ; die oblatio verbalis darin, daß der
Schuldner dem Gläubiger sein Leistungsvermögen erklärt und
zugleich seinen Willen zu erfüllen kundgiebt. In diesem Falle
muß der Gläubiger noch eine weitere Handlung vornehmen,
insbesondere den Schuldgegenstand beim Schuldner abbolen.
Wann ist oblatio realis, wann oblatio verbalis erforderlich
und ausreichend? Man hat mannigfache Regeln ausgestellt.
Insbesondere Glücks behauptet, Verbaloblation genüge, wenn
der Schuldner eine Handlung vorzunehmen habe oder wenn
sich das Schuldverhältniß auf eine unbewegliche Sache beziehe;
sei aber eine bewegliche Sache Gegenstand der Obligation, so
sei immer Realoblation erforderlich7). Diese Eintheilung ist
4) Vergl. Entwurf eines B.G.B. für das Großherzogthum Hessen,
1853, Art. 24«; Privatrechtliches Gesetzbuch für Zürich, 1855, tz 960;
Entwurf eines B.G.B. für Bayern, 18«>, Art. 128; B.G.B. für Sachsen,
1863, § 746; Entwurf eines für die deutschen Bundesstaaten gemeinsamen
Gesetzes über die Schuldverhältnisse (sog. Dresdener Entwurf), 1865, An. 321;
Schweizerisches Bundesgesetz über das Obligationenrecht, i88i, Art. i06.
5) Damit erklärt sich jetzt auch Köhler, Archiv für bürgerliches
Recht, Bd. 13 S. 195 a. E. einverstanden.
«) Ausführliche Erläuterung der Pandekten, Theil 4, 1796, S. 409.
7) So bestimmt auch das Bayerische Landrecht, T. IV Kap. 14 § 15,
daß bei Mobilien Realoblation erforderlich sei; siehe auch Dresdener Entw.

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