Die Reallastenfrage.
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Wenden wir uns zunächst den bayrischen Verhältnissen
zu. Hier begegnen wir vor allem in München und mit ge-
ringerer Bedeutung auch in anderen Städten dem Rechtsinsti-
tute des Ewiggeldes, einem Erbstücke des mittelalterlichen
Rentenrechtes, das sich hier wie nirgends anderwärts in ziem-
lich unveränderter Gestalt bis auf die Gegenwart herauf er-
halten hat.
Von älteren dieses Rechtsinstitut betreffenden Gesetzen und
Verordnungen') abgesehen, enthalten schon die Gantordnung
von 1571 und die damit zusammenhängende Grundbuchsord-
nung 1 2) von 1572 Bestimmungen über die Hastungsfrage für
Ewiggeldschulden. Das Exekutionsverfahren, wie es durch diese
Gesetze neu geregelt wurde, bestand in einer Vergantung des
Gutes, also in einer Realexekution, deren Ergebniß zunächst den
Ewiggeldgläubigern zu Gute kommen sollte. Die Rentenlaft
als solche blieb, soweit sie Deckung fand, auf dem Reale liegen;
mit ihr an gleicher Stelle wurden die Rückstände von einem
Jahre liquidirt, sie mußten wie die Kosten der Gant vom Er-
steher unmittelbar entrichtet werden. Um was der Erlös hinter
den Ewiggeldkapitalien mit Einschluß der privilegirten Rück-
stände zurückblieb, das büßte der letzte Rentengläubiger ein,
was darüber hinaus erzielt wurde, kam den gewöhnlichen
Schuldforderungen gegen den Exekutor, wozu auch die älteren
Ewiggeldrückstände gezählt wurden, zu gute. Einen persön-
lichen Klagsanspruch gegen den Besitzer finden wir nicht er-
wähnt, vielmehr spricht alles dafür, daß die Gant des Ewig-
geldgläubigers einziges Exekutionsmittel gewesen sei.
Ungleich reichhaltiger sind die Bestimmungen der Maximi-
1) Bergt. Riedl, DaS Ewiggeld-Jnstitut in München 1819, und
Auer, Münchener StadtrechtSbuch 1840.
2) Abgedruüt bei Riedl a. a. O. Urk.-Sammlung S. 38 ff. bezw.
64 ff., Auer a. a. O. S. 223 ff. bezw. 244 ff.
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