Full text: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Bd. 33 = N.F. 21 (1894))

Die Wirkungen des Rechtsirrthums.

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höchstens bei dem malum prohibitum — nicht bei dem malum
in 86 entschuldigt.
Daß sich aber dieser Gegensatz nicht aus das Strafrecht
allein bezieht, geht daraus hervor, daß die Ratio desselben
auch anderwärts zutrifft, wenngleich die Beispiele des Straf-
rechts am nächsten liegen.
Die zahlreichen Beispiele, welche uns die Quellen liefern,
wo sich die bevorzugten Personen mit Erfolg auf den Rechts-
irrthum berufen, um die Anwendung eines verkannten Privat-
rechtssatzes abzuwenden, beziehen sich denn auch auf das rein
positive Rechts. Die Anwendung solcher rein positiver Rechts-
sätze auf den Unwissenden, falls derselbe zu den bevorzugten
Personen gehört, wird aber namentlich dann cessiren, wenn
dieselben zu den minder bekannten gehören, und namentlich
für den Unwissenden die Belehrung besonders erschwert wird
(kr. 10 De bon. poss. XXXVII, 1, fr. 2 § 5 quis ordo
XXXVIII, 15, fr. 9 § 3 h. t.). Als das geeignetste Mittel
der Abwendung erscheint in der Regel die Restitution. (S.
oben § 6).
Ad 2. Subjektive Gründe?), aus welchen gegen die An-
wendung eines verkannten Rechtssatzes geholfen wird, sind:
a) Minderjährigkeit. S. z. B. kr. 9 pr. h. t., C. 2 et 11
h. t., fr. 7 § 6 De minor. VII, 6. b) Weibliches Geschlecht.
Dessen Begünstigung ging nicht so weit wie die der Minderjährigen,
Rechtsirrthum half den Weibern nur „in quibu8dam causis“
(fr. 9 h. t.), namentlich nicht in lueris faeiendis (fr. 8

1) Auch die Privilegien der Soldatentestamente (für welche der Satz
Nemo pro parte testatus pro parte intestatus mori potest nicht gilt) be-
ruhen auf dem Gedanken, daß der Soldat die Feinheiten, Fallstricke und
Launen des rein positiven Rechtes nicht zu kennen braucht.
2) Mühlenbruch l. c. S. 439 ff. (mit erschöpfenden Ouellen-
citaten.) Wächter, Pand. § 21, Beilage II, 2.

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