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den Römern vorweg durch die Annahme leugnete, daß die
Streitsätze der Schulen schon von den ersten Stiftern derselben
unabänderlich firirt worden seyen, und sämmtliche Juristen
seit August, bis wohl gar auf Justinian herab, aus-
schließlich beschäftigt haben 2).
Die Thätigkeit der neuern Rechtshistoriker wurde von
andern Gegenständen, deren Begriffe blos jvegen mangelhafter
Critik und Auslegung der vorhandenen Quellen unzureichend
entwickelt erschienen, gar zu sehr in Anspruch genommen, als
daß sie vorzugsweise der Lösung einer Aufgabe sich hätte zu-
wenden können, für welche die Zcugniße der Quellen höchst
sparsam z» fließen scheinen. Erwäge man nur, wie ungleich
näher die Aufforderung lag, den reichhaltigen Schatz der
Ueberreste aus den Schriften der juristischen Claßiker zur
Vervollständigung der kümmerlichen Bruchstücke von Volksgc-
setzen, Senatsbeschlüßen, Magisirats-Edictcn, und zum Theil
auch der kaiserlichen Constitutionen, zu benutzen, als daß
man umgekehrt einen Versuch hätte wagen solle» zur Ergänz-
ung der fühlbaren Lücken in der Geschichte der römischen
Rcchtsdoctrin aus dem Vsrrath dieser eben genannten Organe
des positiven römischen Rechts. Mußte nicht ein solcher Ver-
such um so bedenklicher erscheinen, da dein Zugeständnis eines
unmittelbaren Einflußes der juristischen Doctrin auf die Bil-
dung der einzelnen Organe des einheimischen Rechts der Rö-
mer so mancher Einwand entgegengesetzt werden konnte? Es
wird daher den Verdiensten Hugo's um die Geschichte des
römischen Rechts schwerlich Abbruch thun, wenn man einräu-
men muß, daß dieser Autor bei der geschichtlichen Entwicke-
lung der wißcnschaftlichen Bearbeitung des römischen Rechts
fast ausschließlich die äußeren Beziehungen seines Gegenstan-
des aufgcfaßt, und deren vereinzelte Erörterung bis zu einem
Punkte getrieben hat, der mit der Critik und Auslegung der
2) S. des Bcrf. Beiträge S- 13- fgg- S. 130. fgg. Lechz. 1825.