Full text: Zeitschrift für die deutsche Gesetzgebung und für einheitliches deutsches Recht (Bd. 8 (1875))

666 Dahn: Zur Reform des Rechtsstudiums an den preußischen Hochschulen.
sächlich nur drei Monate zählen) derartig zu bewältigen vermag,' daß
er in dem bald nach dem Abgang von der Universität folgenden ersten
Examen ein nicht blos tumultuarisch mit auswendig gelernten Formeln
angestopftes Gedächtniß, daß er ein auf selbständigem, juristischem
Denken aufgebautes wiffenschaftliches Wissen zu zeigen vermag — so
nehme ich keinen Anstand, diese Frage rundweg zu verneinen.
. Auf ganz ausnahmsweise vorkommende Begabung und Anstren-
gung darf man aber keinen Studienplan bemessen.
Eine einfache Zusammenstellung der Vorlesungen und ihrer
Stundenzahl wird jene Unmöglichkeit theoretisch darthun, wie sie die
Ergebnisse der Prüfungen alle Jahre mehrere Male praktisch dar-
thun — nicht aus meiner kurzen Erfahrung allein spreche ich: die
Urtheile meiner College«, der übrigen Examinatoren, der Praktiker,
bei welchen die jungen Referendare eintreten, bestätigen es.
Man wird durch die in der Mehrzahl der Fälle vor Augen
tretende Unfähigkeit der Prüflinge, dasjenige zu leisten, was man von
ihnen sollte verlangen können, genöthigt, einen Maßstab anzulegen,
der unzulässig niedrig und unvermeidlich ungleich wird. Und dabei
kann man gewiß nicht sagen, daß Mangel an Begabung und Fleiß
der Studirenden regelmäßig die Schuld trage; im Gegentheil: ich
muß denjenigen Studirenden in Preußen, nach welchen allein ich
mein Urtheil bilden konnte, eben denen zu Königsberg; das Zeugniß
geben, daß sie es in der Regel an ernstem Eifer nicht fehlen lassen.
Und doch sind ganz befriedigende Ergebnisse der Prüfungen sehr
selten.
Betrachten wir nun aber die Reihenfolge der Vorlesungen, welche
in sechs Semestern gehört werden sollen, und gehen wir dabei von
dem Satz aus, daß kein Tag mit mehr als höchstens vier Colleg-
stunden ausgefüllt sein soll — die fünfte Stunde ist eine Stunde der
Abspannung und entschieden vom Nebel — und daß der Sonnabend
für Wiederholung und Revision der die Woche über gehörten und nach-
geschriebenen Vorlesungen — denn ein ordentlicher Student schreibt
eine ordentliche Vorlesung nach — frei bleiben muß, so ergiebt sich
folgende Vertheilung, bei welcher übrigens um der Zeitersparniß willen
jedes Colleg in der Stundenzahl auf das Minimum beschränkt und
das Eine oder Andere, z. B. Civilproceß, unstatthaft verkürzt er-
scheint: -

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