635
v. Krawel: Entwurf der Civilprozeßordnung von 1874.
schaffung der Urkunde erforderliche Verfahren die Erledi-
gung des Rechtsstreits verzögert werden würde u. s. w.,
wie im § 329.
§ 470.
welcher das Berufungsverfahren betrifft:
Die Parteien können Angriffs- und Vertheidigungs-
mittel, welche in erster Instanz nicht geltend gemacht
sind, insbesondere neue Thatsachen und Beweismittel
verbringen.
Neue Ansprüche dürfen, abgesehen von den Fällen
des § 232, Nr. 2 u. 3, nur erhoben werden, wenn mit den-
selben kompensirt werden soll und wenn zugleich glaub-
haft gemacht wird, daß die Partei ohne ihr Verschulden
außer Stande gewesen ist, dieselben in erster Instanz
geltend zu machen.
Bei Vergleichung dieser vier Paragraphen fällt es zu-
nächst auf, daß in den ersten drei Paragraphen die Zurückweisung da-
von abhängig gemacht ist, daß das Gericht die Ueberzeugung ge-
winnt, daß die Partei in der Absicht, den Prozeß zu verschleppen oder
aus grober Nachlässigkeit das rechtzeitige Anführen versäumt hat. Nach
§ 470 soll dagegen die säumige Partei glaubhaft machen, daß die
Verspätung von ihr nicht verschuldet ist.
In der Sache ist kein Grund für diesen Unterschied der Fassung
zu finden. Offenbar ist aber die Fassung im § 470 vorzuziehen, weil
sie dem Richter für sein Ermessen einen festen Anhalt und der Partei
die nöthige Anweisung giebt.
Deshalb ist der Schluß der ersten drei Paragraphen wie der Schluß
des § 470 zu fassen.
Die §§ 329 und 385 bezeichnen es aber nur als eine Verspätung,
wenn über die im Beweisbeschluß bereits bezeichneten streitigen
Thatsachen der Beweis angetreten wird.
Die Begründung rechtfertigt dies damit: daß die Zurückweisung
nicht anwendbar sek, wenn der neue Beweis nach Erlassung eines Be-
weisbeschlusses in Beziehung auf neue Angriffs- und Vertheidigungs-
mittel angetreten wird.
Dabei ist aber übersehen, daß die beiden Paragraphen weiter gehen
als die Begründung annimmt. Nach ihrer Fassung lassen die §§ 329