48 Eccius: Der Entwurf einer deutschen Gememschrrldordnung.
die ein Absonderungsrecht geltend machen konnten, so ist dies ungerecht-
fertigt. Freilich die Herausgabe des Aüfonderungsobjektes an den
dinglich berechtigten Gläubiger ist keine Handlung, welche das Be-
friedigungsrecht der Gemeingläubiger, diexnr eonäitlo, verletzt; aber der
Entwurf schließt nicht bloß diese Leistung, sondern jede Leistung an
den absonderungsberechtigten Gläubiger von der Anfechtung aus, z. B.
also die Zahlung einer Hypothek oder Grundschuld, die nach ihrer
Stellung in der Reihenfolge der Hypotheken beim Verkauf des Ab-
sonderungsobjektes keine Aussicht hatte, zur Hebung zu kommen, u.
dergl. mehr. Vielleicht ist der Ausdruck nur gewählt, um das Wort
„Zahlungen," welches alle Leistungen an Gläubiger zwar in seiner
rechtlichen Bedeutung, aber nicht im gemeinen Sprachgebrauche ein-
schließt, zu vermeiden. Der Wegfall der Beschränkung ist wünschenswerth.
Ausgedehnt ist das Gebiet der Anfechtung, insofern Leistungen
oder Zahlungen des Gemeinschuldners, auch wenn sie im Wege der
Zwangsvollstreckung erhoben sind, und Leistungen an den Gemein-
schuldner, sofern sie nicht erzwungen sind, anfechtbar erklärt werden.
Der ersten Ausdehnung, wenn sie überhaupt eine Ausdehnung ist, bei
zustimmen, ist unbedenklich, auch die zweite viel bedenklichere wird in
den Motiven*) vortrefflich begründet. Nimmt man sie aber an, so muß
man noch weiter gehen. Konsequenz des rechtlichen Standpunktes des
Entwurfes, daß ein redlicher Schuldner des Gemeinschuldners, wenn er
Kenntniß von der Zahlungseinstellung oder einem Anträge auf Eröff-
nung des Gemeinschuldverfahrens hat, nicht mehr an den Gemein-
schuldner leisten darf, ist der materielle Rechtssatz, daß ein solcher
Schuldner, um sich von der Schuld zu befreien, ein Recht auf Depo-
sitiori hat. Ist dies richtig, so darf man sich auch nicht scheuen, den
durch Exekution zur Zahlung genöthigten Schuldner mit dem freiwillig
zahlenden auf die gleiche Stufe zu stellen. Auch jener hat dann,
wenn er redlich bleiben will, die Deposition nachzusuchen und kann aus
Grund dieses Rechtes einen Einwand gegen den Zwang zur Zahlung
erheben. Stellt man sich nicht auf diesen Standpunkt, so öffnet man
der Kollision mit dem Gemeinschuldner Thür und Thor, zumal es
nach dem Entwürfe der Civilprozeßordnung dem Gemcinschuldner sehr
leicht sein wird, sich gegen den gutwilligen Schuldner in einer nota-
riellen Erklärung desselben (Civ.-P.-O. § 638 Nr. 4) einen vollstreck-
baren Titel zu verschaffen.
l) Bd. I, S. 155.