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V o tz: Zur Theorie der Grundschuld.
Wir haben aus dieser Regel vorher den Umfang der Haftpflicht des
Eigentümers zu bestimmen versucht: hier müssen wir den Umstand
ins Auge fassen, daß das Eigenthum auch den rechtlichen Grund, „das
Piedestal" seiner Haftpflicht bildet, also eine Bedeutung jenes Satzes
erörtern, welche am einfachsten und schärfsten hervortritt, wenn wir
das Wort „mit" durch „una cum" ins Lateinische übersetzen.
Eine Haftung, also auch ein persönliches Gebundenseiu muß stets
mit der Grundeigenthümerschaft zusammentreffen. Und nur demjenigen
wird gehastet, welcher kraft seines Grundschuldrechtes eine unmittelbare
Macht über das Grundstück besitzt. Wird also eine Grundschuld neu
bestellt, so haftet der Eigenthümer dem Erwerber scheinbar, wie wenn
sie einen obligatorischen Vertrag mit einander geschlossen hätten. Das
Trügerische dieser Vorstellung tritt aber sofort hervor, wenn der
Grundschuldgläubiger seine Grundschuld abtritt oder wenn der Eigen-
thümer das Grundstück an einen Dritten aufläßt. Der ursprüngliche
Erwerber der Grundschuld besitzt gegen den Eigenthümer des verhaf-
teten Grundstückes, gleichviel ob dieser der Besteller der Grundschuld
war oder nicht, so wenig Rechte, als wäre er nie Gläubiger gewesen,
und der neue Erwerber hat das Grundschüldrecht, als wäre er der-
jenige, dem die Grundschuld ursprünglich bestellt worden. Der ver-
äußernde Eigenthümer wird von der Grundschuld frei, wie wenn er
niemals Grundschuldner gewesen wäre, gleichviel ob der Inhaber der
Grundschuld im Momente der Auflassung noch der ursprüngliche oder
ein Eessionar ist, und der neue Erwerber des Grundstückes haftet, wie
wenn er von Anfang an Grundschuldner gewesen wäre. Diesen Grund-
sätzen entspricht es, daß gegen die Klage aus der Grundschuld Einreden
aus der Person des Rechtsvorgängers nicht unmittelbar hergeleitet
werden können,- sondern nur mittelbar, insofern sie einen äolus auch
des gegenwärtigen Klägers begründen.
Wir haben hier diejenige Besonderheit obligatorischer Rechtsver-
hältnisse vor uns, welche als „Unbestimmtheit" der betheiligten Gläu-
biger- resp. Schuldnerindividuen bezeichnet werden kann. Bei den In-
haberpapieren läßt sich nur von „Unbestimmtheit des Gläubigers" reden,
der Schuldner bleibt immer eine und dieselbe Person. Bei der Grund-
schuld tritt zu der Unbestimmtheit des Gläubigers noch eine in dem-
selben Sinne aufzufassende Unbestimmtheit des Schuldners hinzu. Ein-
getragen sind zwar bestimmte Personen, aber durch die Eintragung
wird noch nicht sestgestellt, daß nun zwischen diesen Personen ein obli-