492 Voß: Zur Theorie der Grundschuld.
seine Sicherung in der Innehabung der Sache findet, nur ein obliga-
torisches sein. Daß die Gesetze vom 5. Mai 1872 sich dieser Erkenntniß
nicht verschlossen haben, dafür bürgt ihre durchgehende Ausdrucksweise,
welche die dingliche Seite der Grundschuld von derjenigen der Hypothek
nicht durch erkennbare Grenzen scheidet.
Wir haben oben angedeutet, daß der Name „Grundschuld" für
die Annahme nichts beweise, daß Grund und Boden gewissermaßen
die Schuldnerrolle übernehmen. „Grundschuld" kann auch „Schuld vom
Grunde und Boden" bedeuten. Hiermit ist freilich die Natur der
Grundschuld nicht erklärt, denn es iss nicht gesagt, wer schulde und
wie geschuldet werde. — Die Bezeichnung des aus der Grundschuld
Berechtigten als Gläubiger (§§ 20, 23, 31 in fin., 35, 37, 42, 49
50. 53, 60 E. E. G.. §8 90, 94 G. V. O.) oder Grundschuldgläu-
Liger (88 27. 28 ln fin., 43, 45, 48 E. E. G. 8 71 G. V. O.) ist
unfern Gesetzen sehr geläufig. Dagegen haben sie den Ausdruck
„Grundschuldner" vermieden; nur selten reden sie vom „Schuldner"
(8 61 E. E. G., 8 95 G. B. O.), einmal vom „Verpfänder" (8 56
E. E. G.), auch in Bezug auf die Grundschuld. Zumeist stellen sie
dem Gläubiger den „Eigenthümer" des belasteten Grundstücks gegenüber,
z. B. 88 19, 21, 37. 56 E. E. G.. 88 94, 103 G. B. O. und
öfter. Von dem Eigenthümer wird gesagt, er haste „mit dem Grund-
stücke" nach 88 30, 32 der E. E. G. (8 37 eodem). Das E. E. G.
spricht von dem „verpfändeten Grundstück", von den „Pfandverbindlich'
keiten desselben" unter Einschluß der Grundschuld 88 23, 32, 66 E.E.G.;
von dem „befriedigten Gläubiger" 88 42, 56 eodem, von Bezahlung
und Tilgung der Grundschuld 88 39, 63. Aus allen diesen Aus-
drücken geht hervor, daß die beiden Grundbuchgesetze, indem sie das
Recht der Grundschuld ausbildeten, von der Vorstellung sich nicht los-
gemacht haben, daß auch in dem Grundschuldrechte eine Vermischung
dinglicher und obligatorischer Elemente vorhanden sei. Dies wird
auch durch die Entstehungsgeschichte der Grundschuld bezeugt, denn sie
ist aus Entwürfen hervorgegangen, welche nur ein Recht der Hypothek,
und zwar ein solches kannten, welches der gegenwärtigen Grundschuld
ähnlicher sieht, als der gegenwärtigen Hypothek. Ist aber dieses
der Fall, dann ist es an uns, die Art dieser Vermischung durch Zer-
legung aufzudecken.
Das dingliche Recht der Grundschuld ist also ebenso wie das-
jenige der Hypothek die Unterlage eines zu sichernden Anspruches und