640 Bezold: Entwurf einer deutschen Strafprozeßordnung.
gleichfalls bereit Anfechtungen erfahren und wird sich voraussichtlich
hiergegen noch gar mancher Widerspruch erheben.
§. 251 des alten Entwurfes hatte nämlich bestimmt:
„Der Beurtheilung des Revisionsgerichtes unterliegen auch die-
jenigen aus einer Verletzung des Gesetzes beruhenden Ent-
scheidungen, welche in der Hauptverhandlung vor der
Urtheilsfällung erlaffen worden sind."
Diese Bestimmung ist in dem neuen Entwürfe, ganz weggeblieben:
Cs erklären dies jedoch die Motive *) lediglich für eine Art Redaktions-
Änderung. Sie sagen nämlich (in ihrem zweiten Theile uns unverständlich) :
„Daß dem Revisionsrichter auch die Prüfung der Entscheidungen
zustehen muß, welche das erkennende Gericht vor der Urtheils-
fällung erlassen hat, brauchte nicht ausdrücklich bestimmt zu wer-
den. Es folgt dies schon daraus, daß diese Entscheidungen ent-
weder sich als ein antizipirter Bestandtheil desUrtheiles
darstellen (so z. B. wenn ein angetretener Beweis für unerheb-
lich erachtet wird) oder das Verfahren des erkennenden Gerichtes
.betreffen."
Wir glauben trotz dieser beruhigenden Erklärung in den Motiven
daß die, wie uns scheint, ohnehin zu engen Nichtigkeitsgründe durch
diese Weglaffung immerhin noch mehr eingeengt erscheinen würden,
würden daher, wenn denn einmal das „beruhen" als wesentliches Mo-
ment beibehalten werden muß, uns noch lieber für den ursprünglichen
Entwurf erklären.
Die verhängnißvollste Ziffer, des wichtigsten Paragraphen über
Wiederaufhebung eines rechtskräftigen Urtheiles, §. 275
(268 alt) war im alten Entwürfe gefaßt:
„Die Wiederaufhebung rc. zu Gunsten des Verurtheilten findet
statt — 5., wenn neue Thatsachen vorliegen, aus denen sich
ergiebt, daß die That, wegen welcher er verurtheilt wurde, ent-
weder gar nicht begangen worden ist, oder von ihm nicht hat
begangen werden können."
Bekanntlich ist es nämlich gerade die hierin liegende konsequente
allgemeine Erweiterung der drei Spezialfälle des französischen Krimi-
nalprozeßrechtes, gegen welche seitens der Pfälzer und Rheinischen
Juristen die größten Bedenken bislang erhoben worden sind, so zwar
*) S. 162 gegen oben.