Full text: Zeitschrift für die deutsche Gesetzgebung und für einheitliches deutsches Recht (Bd. 7 (1874))

Rechtsprechung des Reichs-Oberhandelsgerichles. 543
troffen hat; nicht aber, wenn er, wie im vorl. Falle faktisch anzunehmen
ist, den Gelegenheitsgesellschaftsvertrag mit Willen der Bekl. geradezu
verletzt hat/' 16. Novbr. 72. N. VIII. 11; 0. III. 7.
Gelegenheitsgesellschaft. Anspruch gegen einen einzelnen
Gesellschafter auf Feststellung eines Rechnungspostens.
105. Die Parteien gehörten zu einer Gesellschaft, die sich behufs
des An- und Verkaufes von Pferden in Folge der Mobilmachung von
1870 gebildet hatte. Bekl., als Kassen- und Buchführer derselben, hatte
dem Klg. aus der Gesellschaftskaffe ein Darlehn von 1000 Thlrn. zum
Ankäufe von Pferden gegeben. Klg. will dieses Darlehn in der Weise
getilgt haben, daß er in Folge einer Verabredung mit dem Bekl. seine
Rechnung über eine Forderung von 1073 Thlrn., die ihm an die Gesellschaft
für angekaufte Pferde zustand, nach Empfang von nur 73 Thlrn. quittirt
habe. Da dieser Vorgang in der Schlußrechnung unberücksichtigt geblie-
ben, so beantragt er: den Bekl. zur Anerkennung zu verurtheilen, daß
er auf jene Forderung nur 73 Thlr. bezahlt habe und daß der Nest
durch Kompensation in der eben angedeuteten Weise getilgt worden sei.
Bekl. hat hiergegen den Einwand mangelnder Passivlegitimation erhoben,
weil die Klage gegen sämmtliche Gesellschafter hätte gerichtet werden
müssen. — Der Einwand ist nicht begründet; er rechtfertigt sich nament-
lich nicht dadurch, daß die Buchführung des Bekl. präjudiziell ist für die
Auseinandersetzung unter den Soeien. Würde Klg. die Zahlung von
1000 Thlrn. fordern, so würde sich sein Anspruch allerdings gegen alle
Gesellschafter richten müssen. Darum aber handelt es sich hier nicht,
sondern um die Anerkennung eines rechtlichen Vorganges. Diese Klage
kann nur gegen den jetzigen Bekl. angestellt werden. Daß ihr letzter
praktischer Zweck die Verwirklichung eines Anspruches gegen sämmtliche
Gesellschafter ist, macht sie nicht unstatthaft; es' giebt Klagen, welche
einen gegen eine andere Person zu erhebenden Anspruch vorbereiten sollen
und es ist nicht behauptet, daß solche vorbereitende Klagen nur gegen
denjenigen angestellt werden dürfen, gegen welchen der letztere Anspruch
zu erheben ist. Ueberdies giebt es eine Reihe von Ansprüchen, welche
gerade nur gegen einen von mehreren Gesellschaftern geltend gemacht
werden können, obgleich sie aus dem Gesellschaftsvermögen herrühren,
wie der Anspruch auf das, was Ein Gesellschafter für die Gesellschaft oder
aus Mitteln der Gesellschaft geleistet hat, der Anspruch auf Ersatz des Scha-
dens, den ein Gesellschafter schuldhafter Weise der Gesellschaft zugefügt hat,
und insbesondere der Anspruch auf Rechnungslegung. Gerade
dieser letztere Fall liegt hier vor. Es handelt sich hier um den Antrag
eines Gesellschafters gegen einen andern, der Kasse und Rechnung geführt
hat, auf bessere Auskunft über einen den Ersteren betreffenden Posten
der Gesellschaftsrechnung, also auf Rechnungsablegung dem Klg. gegen-
über. — Üebrigens ist im vorliegenden Falle die Klage auch deswegen
begründet, weil die Gewährung von Darlehen nicht zum Bereiche der ge-
meinschaftlichen Geschäfte gehört. Der Klg. erscheint mithin in dieser
Hinsicht der Gesellschaft gegenüber als Dritter, so daß Art. 269 H.-G.-B's.
Anwendung findet, wonach in solchem Falle der handelnde Gesellschafter
allein, d. h. hier der Bekl. dem Dritten gegenüber berechtigt und ver-
pflichtet wird. — 10. Febr. 72. M, V. 45; St. V. 72.

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