Full text: Zeitschrift für die deutsche Gesetzgebung und für einheitliches deutsches Recht (Bd. 7 (1874))

490

Wachtel: Zur Verbesserung der deutschen Aktien-Gesetzgebung.
nur verschuldet, sondern geradezu provozirt haben. Daß bei solchen
Erscheinungen — „die gegen Umgehungen, Täuschungen und andere
Mißbräuche aufgerichleten Garantien einer Erweiterung fähig tmb be-
dürftig sind," — ist gewiß nicht zu bezweifeln; viel weniger aber dürfte
es schwer fallen, diesen Ausschreitungen für die Zukunft dadurch vor-
zubeugen, daß man diejenigen gesetzlichen Bestimmungen, welche sie
hervorgerufen haben, zunächst wieder beseitigt. Freilich ganz unbeschadet
der freien Bewegung des Verkehres wird dies kaum angehen, aber ich
gestatte mir auch Zweifel an dem-Werthe und der Berechtigung einer
Freiheit zu äußern, welche die gewissenlose Habgier ungestraft zum
wirthschastlichen Ruin vieler Anderen, oft am Aktienwesen ganz un-
betheiligter Personen ausbeuten kann, während sie dem in ehrlicher und
gewissenhafter Weise an Aktien-Unternehmungen Vetheiligten keine be-
sonderen Vortheile gewährt. Wenn die wirthschaftliche Weisheit der
Vertreter des „Laissez faire!“ - Prinzips ihre letzten Konsequenzen
in der Gesetzgebung ziehen dürfte, so würde schließlich jede Art des
Erwerbes, welche nicht, wie offener Raub und Diebstahl, ohne Weiteres
dem Strafgesetze unterfällt, zu rechtfertigen sein. Wie zwecklos aber
würde dann die Gesetzgebung sich abmühen, Garantieen gegen Aus-
schreitungen auf dem Gebiete des Aktienwesens aufzurichten!
Offenheit und Klarheit der Verhältnisse sind die Vorbedingungen
des Vertrauens, ohne welches eine gedeihliche Entwickelung von Handel
und Verkehr nicht möglich ist. Demgemäß und in der Erkenntniß der
allgemeinen, die Cinzelinteressen überwiegenden, Bedeutung von Handel
und Verkehr haben die Handelsgesetze aller Völker einen gewissen Grad
von Publizität, die Einen mehr, die Anderen weniger, bezüglich der
dem Handelsrechte unterfallenden tatsächlichen Verhältnisse erfordert.
Dem deutschen Charakter und Rechtsbewußtsein entsprechend hat das
allgemeine deutsche Handelsgesetzbuch das Erforderniß der Publieität in
weitester Ausdehnung anerkannt und angeordnet. Es ist wohl kaum
ein Titel desselben, in welchem dies Grundprinzip nicht in der einen
oder anderen Bestimmung zu Tage träte. Ich weise nur auf die
Oeffentlichkeit des Handelsregisters und auf die immer wiederkehrende
Bestimmung des deutschen Handelsgesetzes hin, wonach alle irgendwie
wesentlichen, die Geschäftserrichtung und den Geschäftsbetrieb des
Einzelkaufmannes sowohl wie aller hauptsächlichen Arten von Handels-
— Lzw. Aktien Gesellschaften (nur die stille Gesellschaft ist davon aus-
genommen) betreffenden persönlichen wie sachlichen Verhältnisse in das

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer