Full text: Zeitschrift für die deutsche Gesetzgebung und für einheitliches deutsches Recht (Bd. 7 (1874))

378 Korn: Die Rechtsverhältnisse der Ehefrauen
Was zunächst die Handlungs- und Vertragssähigkeit der
Wittwen an sich betrifft, so kann kein Zweifel obwalten, daß sie durch
den Tod ihres Mannes keine Einbuße daran erleidet. Sie kann
Schulden machen, Verträge aller Art schließen und Verpsiichtungen
eingehen und dies Alles ist für sie und ihre Person durchaus verbind-
lich, denn selbst nach dem Landrechte hört die maritalische Gewalt,
wonach Rechtshandlungen einer Frau ohne Beitritt ihres Mannes
nichtig sind, mit dem Tode des Mannes auf. Eine Geschlechtskuratel
für Wittwen ist im märkischen Provinzialrechte ebenso unbekannt als
im preußischen Landrechte.
Die Frage kann nur sein, ob ihre Rechtshandlungen gegenüber
ihren Miterben unverbindlich sind, weil ihr eigenes Vermögen mit
dem Tode des Mannes ein Theil der Nachlaßmasse wird, ob sie also
nur für ihre Person sich verpflichten kann, aber nicht ihr Vermögen
aus der gemeinsamen Masse herausziehen darf, wenn sie nicht über-
Haupt der Erbschaft entsagt. Dies muß aber verneint werden. Mann
und Frau stehen sich hier gleich. Cin Unterschied zwischen Wittwern
und Wittwen ist nicht zu machen, da das Erbrecht für beide ein gleiches
ist. Ebenso ist es unerheblich, ob es sich um vorbehaltenes oder an-
gebrachtes Vermögen der Frau handelt, weil ihre Verpflichtung zur
Einwerfung sich auf ihr ganzes Vermögen erstreckt, mag dieses während
der Che Zllatenqualität gehabt oder zum Reeeptitium gehört haben.
Die Pflicht des überlebenden Ehegatten, sein eigenes Vermögen zur
Theilung einzuwerfen, ist zwar keine bloße Kollationspflicht, wenn man
darunter versteht, daß der Kollationsverpflichtete sich nur den Werth
seiner eigenen Sachen auf seinen Crbtheil anrechnen müsse. Der über-
lebende Ehegatte muß seine eigenen Sachen in Natur herausgeben und
diese werden bei der Theilung ebenso behandelt, als ob sie Cigenthum
des Crblaffers gewesen seien. Allein die Miterben können dem über-
lebenden Ehegatten die Cinwerfung erlaffen und er kann, bis ihm durch
förmliches Erkenntniß die Wohlthat des Jnventares abgesprochen ist,
der Erbschaft nach dem zuerst verstorbenen Ehegatten mit der Wirkung
entsagen, daß er sein Vermögen als freies Eigenthum heraus bekommt.
Der Anspruch der Miterben aus Herausgabe seines Vermögens zur
Theilung hängt daher davon ab, ob er desinitiv für einen Erben ohne
die Wohlthat des Jnventares erklärt wird. Zn der Zwischenzeit wird
der überlebende Gatte freilich auch als Erbe betrachtet, allein den
Miterben gegenüber hat dies nur die Bedeutung, daß ihm das Wahl-

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