356 Korn: Die Rechtsverhältnisse der Ehefrauen
Cs war dies aber keine Univerfalsuccession, denn durch
Bestellung der Dos wurde immer nur eine Singularsuccesfion in Betreff
der einzelnen darunter begriffenen Stücke bewirkt. 35) Hatte die Frau,
welche ihr ganzes Vermögen zur Dos hingab, Schulden, so gingen
diese daher auf den Mann für dessen Person nicht über. Die Gläu-
biger konnten nur gegen die Frau klagen und Einweisung in ihr Ver-
mögen verlangen, denn den Gläubigern durfte sie dies durch Weggabe
nicht entziehen.36)
Ursprünglich war das Recht des Mannes an der Dos
während der Ehe ein äußerst einfaches. Er wurde als
Eigenthümer der Dos angesehen und sie verblieb ihm, wenn die
Frau vor ihm verstarb. Nach und nach änderte sich dies, und nach-
dem die Reskripte Justinians in den Codex ausgenommen sind, kann
man wohl sagen, die Frau ist Eigenthümerin der Dos und der Mann
hat daran nur ein ausgedehntes Verfügungs- und Nießbrauchsrecht.
Justinian spricht dies aber nicht direkt aus und so ist es noch gegen-
wärtig kontrovers, wer Eigenthümer der Dos in stehender Che ist. 37)
Stets hatte man angenommen, daß die Dos im Interesse der Frau
und der zu errichtenden gemeinsamen Oekonomie dem Manne bestellt
werde. Es war wohl schwer, für undotirte Töchter Männer zu finden
und große Opfer mußten gebracht werden, um eine standesgemäße Ehe
für sie zu gewinnen. Ehescheidungen waren bei den Römern späterer
Zeit äußerst leicht, indem jeder Ehegatte ohne weitere Förmlichkeiten
die Che für ausgelöst erklären konnte. Man mußte Garantieen haben,
daß der Mann die Dos nicht einstrich und die Frau dann entließ, um
die Dos zu gewinnen. Die Dos siel der Frau zu, wenn die Ehe
geschieden wurde, und der Mann konnte höchstens einen Theil davon
einbehalten, falls die Frau einen hinreichenden Grund zur Scheidung
gegeben hatte. Die Dos fiel auch der Frau zu, wenn der Mann vor
ihr verstarb.33) Za man nahm an, daß der Mann die äos profeetitia
85) Haffe, ft. a- £>., §. 109. I. S. 379.
-«) Holzschuher, a. a. O., tz. 58 Nr. 2, S. 621. - Glück, 8- 1230, B. 25 S. 12.
8’) Löhr: Wer ist Eigenthümer der Dos? Mag. f. Rechtswiffensch. IV. S. 57
u. 539. — Glück, a. a. £>., §§. 1232,1234-36 u. 1250—52 B, B. 25 S. 106. —
Vangerow, a. a. O., §. 217 B. I. S. 319. — Haffe, a. a. O., 88- 66, 107. I.
238 u. 378. Keller: Pandekten, tz. 397 (Ausgabe von 1861, S. 739).
88) Die Ausnahme der äos reveptitiu intereffirt hier nicht, da sie aus ausdrück-
licher Verabredung beruhte.