Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß / Ergänzungsband (Erg.Heft 1892 (1892))

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Ginleitung.
Die gehaltvolle Schrift PrazLk's: „Die prinzipielle Abgrenzung der Kom-
petenz der Gerichte und Verwaltungsbehörden", hat mich veranlaßt, etwas genauer
zu untersuchen, wie die einschlagenden Verhältnisse in unserem Lande geordnet seien.
Die Ergebnisse meiner Forschungen theile ich im Folgenden mit. Dabei werde
ich jedoch die Gebiete des Strafrechtes') und der sog. freiwilligen Gerichtsbarkeit
nicht berücksichtigen.
Auch sehe ich von einer Darstellung des Kampfes ab, welcher auf diesem
Felde lange geführt wurde. Es ist bekannt, daß die Einen alle Angelegenheiten,
bei denen eS sich um streitige Rechte handelt, für reine Justizsachen hielten. Alle
Rechte im subjektiven Sinne des Wortes (Rechte der Privaten) wurden als Privat-
rechte angesehen und die Zuständigkeit für alle Streitigkeiten über behauptete Ver-
letzungen derselben den ordentlichen Gerichten zugesprochen. Die Anhänger dieser
Richtung meinen, das Wesen des Rechtes bleibe dasselbe, möge es die Kreise der
Einzelnen oder die des Staates abgrenzen. Daher könne es keinem Bedenken
unterliegen, die Feststellung dessen, was im gegebenen Falle Rechtens sei, einer
Behörde zuzuweisen, ohne Rücksicht auf die Art des Verhältnisses, über welches
der Richterspruch verlangt werde. Diese Auffassung fand Ausdruck in dem in
Sachsen durch Verordnung vom 2,. März 1849 bekannt gemachten Grundrechten
des Deutschen Volks, welche in D 49 den Satz enthielten: „Die Verwaltungs-
rcchtspflege hört auf; über alle Rechtsverletzungen entscheiden die Gerichte."
Andere traten gegen die Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte in Ange-
legenheiten des öffentlichen Rechtes auf. Obwohl sie anerkennen, daß auch die
Verwaltung vom Boden des Rechtes und der Gesetze sich nicht enffernen dürfe,
glauben sie doch, daß in der Verwaltung selbst durch Errichtung eigener Verwal-
tungsgerichte genügender Rechtsschutz zu schaffen sei.
Noch Andere fordern, daß nicht bloß die Gesetzmäßigkeit, sondern auch die
Billigkeit der Entscheidungen der Verwaltungsbehörden, die Anlegung eines ge-
rechten Maßstabes bei Abwägung der einzelnen in Betracht kommenden Interessen,
durch Verwaltungsgerichte verbürgt werde. So hat der 12. deutsche Juristentag
im Jahre 1874 als seine Ueberzeugung ausgesprochen, daß es zur Aufrechterhaltung
deS öffentlichen Rechtes in Deutschland neben den ordentlichen Gerichten noch eines

Vergl. darüber Prazäk, S. 71—73.
Ntppold, Beiträge zur Abgrenzung rc.

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