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Dr. Kühne,
Beibringen lassen; aber er ergibt sich aus dem anerkannten
Prinzipe, daß die Deposition gerechtfertigt ist, wenn ans
Seiten des Gläubigers, mit oder ohne Schuld desselben,
ein Umstand vorliegt, welcher den Schuldner hindert, an jenen
Zahlung zu leisten mit der Gewißheit, daß er dadurch von sei-
ner Verpflichtung werde befreit werden: „8i per creditorem
steterit, quominus solvatur.“ (L. 19 § 2 Cod. de usuris
— 4, 32.)
Dieses Prinzip tritt in verschiedener Weise hervor; spe-
ziell anerkannt ist es in den Quellen für die Fälle, in denen
wegen mangelnder Dispositionssähigkeit des Gläubigers oder
seines Vertreters mit Sicherheit an diesen nicht gezahlt wer-
den kann, also z. B. wenn der Gläubiger minderjährig und
ohne Vormund ist *). — Wie in diesen quellenmäßigen Fällen
ein Hinderniß in der Person des Gläubigers es bewirkt, daß
der Schuldner mit Sicherheit an ihn nicht zahlen kann, so auch
daun, wenn der Gläubiger sich nicht als denjenigen, welcher
über die Forderung zu verfügen berechtigt ist, legitimirt. Auch
in diesem Falle muß gesagt werden: Stetit per creditorem,
quominus solvatur. — Der rechtlichen Beurtheilung nach steht
dieser Fall dem der objektiven Ungewißheit gleich. Ob zur Zeit
ein Gläubiger überhaupt nicht vorhanden oder ob er zwar vor-
handen ist, seine Qualität als Gläubiger aber nicht nachweist,
ist in der Wirkung gleichgültig, weil auch in dem letztem Falle
dem Schuldner die Möglichkeit nicht gegeben ist zu beurtheilen,
ob ein Gläubiger überhaupt vorhanden ist. — Es ist meines
Wissens auch unbestritten, daß der Schuldner in dem Falle
mangelnden Nachweises der Legitimation des Gläubigers sich
durch Deposition von seiner Verpflichtung befreien kann.
Ganz anders steht in der Theorie und in der Praxis die
1) L, 7 § 2 D. de minorib. (4, 4), L. 56 § 1 D. mandati (17, 1),
L. 64 D. de fidejussorib. (46. 1). — L. 73 D. de procuratorib. (3, 3).