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Königreich Bayern. Art. 12.
des handelsappellationsgerichtlichen Erkenntnisses vom 10. Januar
1870 lauten, wie folgt: Außer Zweifel steht es, daß die Landes-
prodükten- und Waarenbörse, indem sie zur Vermittlung der Ab-
schlüsse von Rechtsgeschäften, zur Feststellung derselben durch
Schlußzettel, zur Berechnung der Marktpreise und dergleichen
dient, Erwerbs- und wirthschastliche Zwecke ihrer Mitglieder fördert
und demnach zu den jenen Interessen Vorschub leistenden Ver-
einigungen zu zählen ist; allein damit ist noch nicht der Begriff
einer Erwerbs- oder Wirthschaftsgenossenschaft erschöpft, sondern
das bezügliche Gesetz erheischt im Art. 1 neben dem Erfordernisse,
daß die Gesellschaft von nicht geschlossener Mitgliederzahl die
Förderung des Credits, des Erwerbs oder der Wirthschast ihrer
Mitglieder bezweckt, das weitere,, daß solches mittelst gemeinsamen
Geschäftsbetriebes erstrebt wird. Daß dieser gemeinsame Ge-
schäftsbetrieb kein untergeordnetes Moment bildet, erhellt nicht nur
aus den in Nr. 1—5 beispielsweise ausgezählten Arten von Ge-
sellschaften, sondern insbesondere aus den Bestimmungen des Art. 3,
dann der Art. 9—16 des fragt Gesetzes, wo von einer Firma
der Genossenschaft, den Antheilen der Genossenschafter an dem
Geschäfte und der Art der Bildung der Antheile, der solidarischen
Haftbarkeit der Genossenschafter für die Verbindlichkeiten der Ge-
nossenschaft, dann den Rechtsverhältnissen derselben unter einander
gehandelt wird. Es ist vielmehr der gemeinschaftliche Geschäfts-
betrieb gerade das besondere Merkmal, wodurch sich diese Gattung
von Gesellschaften von anderen unterscheidet und weshalb ihr ein
besonderer gesetzlicher Vorzug eingeräumt werden soll.
Beschwerdeführer machen zwar geltend, der gemeinschaftliche
Geschäftsbetrieb sei nicht allein dann gegeben, wenn die Gesell-
schaft bei Rechtsgeschäften als Contrahentin austrete, sondern auch,
wenn die Gesellschafter sich vereinigen nicht nur zum Abschluß
eines einzelnen Geschäftes, sondern für den Umfang ihres ganzen
Geschäftes, und es muß dies auch als vollkommen richtig aner-
kannt werden; aber eine solche Gesellschaft bildet die Landespro-
dukten- und Waarenbörse nicht, denn die Gesellschafter haben sich
nicht verbunden, alle ihre Geschäfte gemeinschaftlich abzu-
schließen, sondern die Börse soll nur dazu dienen, den Mitgliedern
einen Vereinigungspunkt zum Abschlüsse ihrer Geschäfte zu ge-