Oesterreich. Art. 423 und 427.
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Das Handelsgericht in Wien gab dem Klagebegehren
statt, und machte dasselbe nur von dem klägerischen Schätzungseide
über den Werth des empfangenen Ballens abhängig. Die Gründe
lauten: Der Frachtbrief der Klage enthält sowohl auf der Vorder-
seite als auch ans der Innenseite die Deklarirung des Werthes
der zwei ausgegebenen Ballen Leder mit dem Betrage von 150 fl.
ö. W. Es muß angenommen werden, daß diese Werthsdeklaration
bei der Ausgabe auf den Frachtbrief gesetzt wurde, obwohl die
geklagte Gesellschaft dieser Behauptung formell widerspricht,
weil die geklagte Gesellschaft einen andern Zeitpunkt, in
welchem die Deklaration des Werthes auf den Frachtbrief gesetzt
worden sein soll, weder behauptet noch nachweiset, und somit der
ihr obliegende Beweis des Gegentheiles von ihr nicht geführt
wurde. Der Aufgeber hat daher die zur Wahrung
des Ersatzrechtes im Art. 427 des Handelsgesetzbuches
bezeichn et e Werthsangabe gemacht, und ist der Kläger,
dessen Legitimation zur Klage nicht bestritten wird, berechtiget, für
den in Verlust gerathenen Ballen Leder den nach dieser Werths-
angabe auf den verlorenen Ballen resultirenden Antheil an dieser
Werthsdeklaration als Ersatz zu verlangen. Die Einwendung der
geklagten Gesellschaft, welche dieselbe auf den § 36 ihres Regle-
ments basirt, ist nicht zu berücksichtigen, denn diese Bestimmung ist
allerdings eine solche, welche den Eintritt ihrer Verpflichtung zum
Schadenersätze zu ihrem Bortheile im Voraus beschränkt und da-
her nach Art. 423 des Handelsgesetzbuches keine rechtliche Wirkung
hat. Daß nämlich der Zwang, die Werthsdeklaration in Buch-
staben auf den Frachtbrief zu setzen, insoserne derselbe nicht
allein den Sinn hat, daß Frachtbriefe mit der Werth-
deklaration in Ziffern von der Eisenbahnverwaltung
zurückgewiesen werden würden, sondern, daß selbst
in dem Falle als ein solcher Frachtbrief angenommen
worden ist, und auf Grund desselben die Verfrach-
tung durchgeführt wurde, die Werthdeklaration in
Ziffern keine rechtliche Wirkung haben soll, mit Rück-
sicht auf die Anordnung des Art. 427 des Handelsgesetzbuches, in
welcher von der Form der Werthsdeklaration keine Rede ist, und
daher diese dem Deklaranten freigestellt wird, den Aufgeber in