Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 2 (1864))

auf Platzgeschäfte Anwendung?

409

B) Hat er die Mängel innerhalb dieser Zeit entdeckt, so ist zu
entscheiden:
I) Die Untersuchungs-und Anzeige-Pflicht, als die
Entstehung eines Gewährs-Anspruchs bedingend, ist nach
Handelsgebrauch und Civilrecht (nicht H.-G.-B.)
zu beurtheilen.
II) Die Verjährung des Gewährs-Anspruchs.
1. Die actio verjährt nach dem H.-G.-B.Art.349, Abs.2
in 6 Monaten seit der Ablieferung.
2. Die exceptio verjährt nach Handelsgebrauch und
Civilrecht, und danach ist sie perpetua, soweit sie als
exceptio non impleti contractus auftritt.
Nach diesen Grundsätzen entscheidet sich nun der obige Rechts-
fall folgendermaßen. Der Verkauf des Umschlagetuches ist ein
Handelsgeschäst auf Seiten des Verkäufers Becker und unterliegt
als solches für beide Contrahenten den Bestimmungen des IV. Bu-
ches des Handelsgesetzbuches (Art. 271, Nr. 1, 273, Abs. 2, 277).
Er ist ein Platzgeschäft, da Contrahenten, Waare, Vertrags-
schluß und Erfüllung, alles an demselben Orte sich befindet, resp. ge-
schieht. Die unächte Farbe des Tuches war ein verborgener
Mangel, denn sie ist nicht sofort in die Augen fallend, kommt viel-
mehr erst beim länger» Gebrauche und Tragen des Tuches zum Vor-
schein.
Der Mangel ist innerhalb 6 Monaten entdeckt, also der Art.
349, Abs. 1, der Anwendung findet, beobachtet. Die sofortige
Anzeige der Entdeckung war nicht erforderlich, da der Art. 347,
Abs. 3 hier nicht gilt, ein Handelsgebrauch nicht behauptet ist, und
das preuß. Recht die Anzeige nicht vorschreibt. Cs kommt also nicht
weiter darauf an, ob die an den Commis geschehene und von diesem
nicht weiter bestellte Anzeige als an den Principal geschehen anzu-
sehen.*) Der Gewährsanspruch ist also rechtsgültig entstanden. Es

*) Der Commis ist ein HandlungSgehülfe. Wird er von dem Principal zu
einzelnen Geschäften in dessen Handelsgewerbe beauftragt, so erstreckt fich seine
Vollmacht auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, welche die Ausführung der-
artiger Geschäfte gewöhnlich mit stch bringt. (Art. 58.47 H.-G.-B.) Wenn nun
ein Commis mit der Mahnung des Schuldners beauftragt wird, so kann man
nicht behaupten, daß die Ausführung dieses Geschäftes es gewöhnlich mit fich

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer