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Königreich Sachsen. Art. 810.
Zu Art. 81V.
Zur Anzeige der Abweichung von einer Seetour bei
Versicherungen.
Erk. des Apell.-G. zu Dresden vom 16. Januar 1866.
(Originalbeitrag.)
Schon vor dem H.-G.-B. (in, welcher Zeit der betreffende
Fall stattfand) war als allgemeiner Grundsatz des Versicherungs-
rechts angenommen, und folgte aus der Natur des Versicherungs-
vertrags^ daß der Versichernde alle Umstände anzuzeigen habe,
welche, nach vernünftigem Ermessen, auf die Schätzung der Ge-
fahr, und somit auf den Entschluß des Versicherers, sich auf den
Antrag einzulassen, oder doch auf die Höhe der Versicherung
von Einfluß sein könnten. — Eichhorn, deutsches Privatrecht,
4. Ausg., § 114, S. 323; Mittermeier, dasselbe, 6. Ausl.,
2. Th., ß 205; Gerber, dasselbe, 6. Aufl., § 203, Note 10;
Bluntschli^ dasselbe, 2. Aufl., § 140, S. 391; Curtius, Sächs.
Civilrecht, § 1568; Malß, Zeitschrift für Versich.-Recht, 1. Th.,
5. 4—6. — Dasselbe spricht auch das allg. deutsche H.-G.-B.,
Art. 812 aus: — Der Umstand, daß die versicherten Waaren (Ge-
birgsche Strumpfwaaren) von Havannah aus, bis wohin sie ver-
sichert waren, weiter nach andern Häfen, namentlich nach New-Or-
leans, ihrem Bestimmungsort, verschifft werden sollen, schließt kei-
nen Moment in sich, wodurch das von der beklagten Versicherungs-
gesellschaft zu tragende Risiko erhöht würde, oder welches sonDauf
das Rechtsverhältniß des versichernden Klägers zu derselben bei Ab-
schluß des Versicherungsvertrags Einfluß gewinnen könnte. Es
ließe sich höchstens vielleicht zugeben, daß die Kenntniß des eigent-
lichen Bestimmungsortes der Waaren für die beklagte Gesellschaft
von Interesse gewesen, sobald es sich um die Gebahrung mit den
beschädigten Waaren nach der Ankunft in Havannah handelt. Al-
lein dieß hat mit dem Abschluß des Versicherungsvertrags nichts
zu thun. Es war also auch nicht Obliegenheit des Klägers, als
Versicherten, die Gesellschaft, als Versicherer, gleich anfänglich da-
von in Kenntniß zu setzen, daß er die Waaren von Havannah aus
weiter — nach New-Orleans — zu schiffen beabsichtige. (Auch
die von Beklagten vorgeschützte Möglichkeit größerer Gefahr bei