Königreich Bayern. Art. 314. 315. 235
der Beklagte die Einrede der Verfrühtheit entgegen, weil ihm be-
züglich der ersten Lieferungen vom Kläger nachträglich eine beson-
dere, noch nicht verfallene Creditfrist bewilligt worden sei und hiu-
sichtlich der späteren Lieferungen die gewöhnliche sechsmonatliche
Creditzeit im Laufe sich befinde, sodann weil er, Beklagter, in den
jüngsten Tagen seinen Gläubigern eine Insolvenzanzeige gemacht
und ein Arrangement vorgeschlagen habe , worauf bis jetzt eine
allseitige Erklärung nicht abgegeben sei.
Gerade der letztere Umstand führte aber in beiden Instanzen
zur Verwerfung des dilatorischen Einwandes überhaupt, wofür in
den Gründen des handelsappellationsgerichtlichen Erkenntnisses vom
1. März 1867 Folgendes erörtert ist:
In gegenwärtiger Streitsache handelt es sich einzig und allein
arum, ob der Vertheidigung des Beklagten gemäß der Verkäufer
unter allen Umständen die gewährte Creditfrist abwarten müsse,
ehe er seine Forderungen geltend machen kann. Das allgemeine
deutsche H.-G.-B. enthält eine directe Vorschrift hierüber nicht,
wohl aber hat es in Art. 314 dem Gläubiger, welcher mit Wissen
und Willen des Schuldners auf Grund von Handelsgeschäften in
seine Hände gekommene Waaren oder Werthpapiere des ersteren
besitzt, ein Zurückbehaltungsrecht auch für die noch nicht fälligen
Forderungen in dem Falle eingeräumt, wenn über das Bermögeu
res Schuldners der Concurs erkannt wurde oder derselbe auch
nur seine Zahlungen eingestellt hat, und ihm in Art. 315 das
Recht gewährt, im Wege der Klage gegen den Schuldner den Ver-
kauf der Gegenstände zu beantragen, wenn dieser ihn nicht recht-
zeitig in anderer Weise sichert. Aus diesen Bestimmungen ergibt
sich nun wenigstens so viel, daß das Handelsgesetzbuch einer Klage
auf Deckung von Forderungen auch vor deren Verfallzeit nicht im
Wege steht, und ebenso wenig ist durch das hier subsidiär zur An-
wendung kommende bayr. Landrecht eine solche Einklagung noch
nicht verfallener Forderungen gehindert, da nach Th. IX, Cap. 14
§• 9 Ziffer 3 daselbst bei einer festbestimmten Zahlungszeit der
Gläubiger zwar in der Regel diese abzuwarten hat, derselbe
aber, wie die Anmerkungen hiezu unter Ziffer 2 lit. b ausdrücklich
bemerken, für den Fall, daß der Schuldner fluchtverdächtig oder
andere Verlustgefahr vorhanden ist, mit aller Billigkeit ent-