Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 18 (1870))

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Königreich Preußen. Art. 395. (385.)
Gebindes Oel auf eine höhere Gewalt (vis major) im Sinne des
Artikels zurückzuführen wäre.
Wie weit man aber auch diesen Begriff ausdehnen möge, so
kann doch dem Appellationsrichter eine Verkennung desselben nicht
beigemessen werden, wenn er das Brechen einer zum Transport
der Oelsässer aus dem Eisenbahnwagen aus den Rollwagen be-
nutzten Leiter hier, wo dasselbe nicht durch die Einwirkung fremder,
mit der Ausführung des Transports in keiner Verbindung stehen-
der Ereignisse herbeigeführt ist, vielmehr in unzulänglicher
Haltbarkeit der Leiter seinen Grund gehabt hat, auf vis major
selbst unter der Voraussetzung zurückgesührt, daß die Leiter von
der Güter-Expedition der Eisenbahn entliehen, zur Aufnahme
so schwerer Gebinde vollkommen tüchtig, ohne erkenn-
baren Fehler gewesen und stets zu derartigen Trans-
porten benutzt worden, auch erst bei dem Transport des
sechsten Gebindes gebrochen wäre, eine Oulxa des Verklagten mit-
hin ausgeschlossen bleibe.
Es stimmen auch mit der dem Appellationsurtel zu Grunde
liegenden Auffassung des Ausdrucks „höhere Gewalt" (vis major)
im Art. 395 des H.-G.-B.s die Schriftsteller, welche die Ausle-
gung des Artikels zum Gegenstände ihrer Prüfung gemacht haben,
im Wesentlichen überein. In dem S. 399, Bd. VIII der Gold-
schmidt'sehen Zeitung abgedruckten Aufsatze von Koch: „das Fracht-
geschäft der Eisenbahnen" wird unter höherer Gewalt jedes Er-
eigniß verstanden, welches im concreten Falle durch menschliche
Kraft und Voraussicht, selbst bei Aufwendung der außer-
ordentlichsten Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte.
(S. 430). v. Kräwell (Busch's Archiv, Bd. II, S. 442) be-
zeichnet als „höhere Gewalt" Naturereignisse und neben diesen
„Gewalt höheren Grades," demzufolge er auch den gewaltsamen
Diebstahl nur in dem Falle von .der Verhaftung des Fracht-
führers ausschließen will, wenn er, unter Anwendung höherer Ge-
walt, durch Verletzung des Verschlusses oder Ueberwältigung der
Wache verübt sei; und Gad, Handbuch des allgemeinen deutschen
Handelsrechts, S. 291 entbindet den Frachtführer von der Ver-
haftung nur im Falle des von ihm geführten Beweises, daß die
Abwendung des Schadens außer seiner Macht lag und die

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