Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 18 (1870))

Königeich Prenßen. Art. 395. (385.)

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ersetzen sei oder nicht, vorwiegend die Sachlage des Falles maß-
gebend sein. Darüber läßt aber das H.-G.-B. keinen Zweifel, daß
eine begriffliche Trennung des „Zufalles," casus, von der „höheren
Gewalt, vis major" und ein Gegenüberstellen beider Begriffe be-
absichtigt ist, und daß der Frachtführer sich mit der Berufung auf
die Entstehung des Schadens durch casus nicht gegen die Ver-
hastungspflicht hat schützen, wahrend ihm der Nachweis der vis
major hat zu Statten kommen sollen.
Zunächst tritt die Gegenüberstellung beider Begriffe schon aus
einer Vergleichung der Wortfassung des Art. 394 mit der des
Art. 395 hervor. In ersterem handelt es sich um Verzögerung
des Antritts oder der Fortsetzung der Reise. Bei einer solchen
wurde nach Ausweis der Nürnberger Verhandlungen (Protocoll
vom 15. Juni 1857 ad Art. 9 des preußischen Entwurfs) beab-
sichtigt, in Bezug aus die Verhaftung des Frachtführers für 'Nach-
theile des Absenders, mildere Grundsätze zur Anwendung zu
bringen und dem entsprechend bestimmt der Artikel:
daß, wenn der Antritt oder die Fortsetzung der Reise durch
Naturereignisse oder sonstige Zufälle zeitweilig verhindert
werde, der Absender die Aushebung des Hindernisses nicht
abzuwarten brauche, vielmehr vom Vertrage zurücktreten
könne, aber den Frachtführer, „sofern demselben kein Ver-
schulden zur Last falle," entschädigen müsse.
Dagegen ist in dem unmittelbar folgenden, die Verhaftung
des Frachtführers für Verlust oder Beschädigung des Frachtgutes
betreffenden, hier in Rede stehenden Art. 395 demselben die Ent-
schädigungspflicht auferlegt:
sofern er nicht beweist, daß der Verlust oder die Beschädi-
gung durch höhere Gewalt (vis major) entstanden iä.
Die Verhandlungen der Nürnberger Conferenz in Verbindung
mit dem preußischen Entwurf zum allgem. deutsch. H.-G.-B. er-
geben aber auch, daß diese Wortwahl reiflich erwogen und aus
dem Streite sich einander gegenüberstehender Ansichten über das
Maß der Haftbarkeit des Frachtführers hervorgegangen ist. In
dem gedachten Entwürfe (Berlin 1857, S. 58) lautet der Artikel
310 (jetzt 395 H.-G.-B.): *
Der Frachtführer haftet für Verlust und Beschädigung des

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