Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 17 (1869))

Königreich Preußen. Art. 278 flg.

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„Die Arbeiten werden nach den einzelnen Mustern per Stück
und Dutzende bezahlt, die Preise bleiben je nach Beschaffenheit
der Muster und Stücke besonderer Vereinbarung Vorbehalten."
und von den Arbeiterinnen eine Conventionalstrafe versprochen, welche
von dem Arbeitgeber eingeklagt, aber vom Obertribunal wegen Un-
giltigkeit des ganzen Vertrages auf Grund des § 310 L.-R., Thl. I,
Tit. 5*) zurückgewiesen wurde.
In den Gründen wird zuvörderst der § 871 L.-R., Thl. I,
Tit. 11 **) auf den vorliegenden Vertrag nicht für anwendbar erachtet,
weil die Contrahenten hier die Ergänzung der in dem Vertrage ge-
bliebenen Lücke durch eine spätere Vereinbarung über das Arbeitslohn
ausdrücklich selbst übernehmen wollten, und eine solche Ver-
einbarung nicht stattgefunden habe. Sodann heißt es weiter:
„Weder über das Arbeitsmaß, noch über das Arbeitslohn ist
quautitiv irgend etwas festgesetzt, und, während nach dem Zugeständ-
nisse des Klägers die Verklagte ihre ganze Arbeitskraft für zwei Jahre
zum Broderwerb ihm verdingten, und dieses Zwecks auch er sich bei
Errichtung des Contractes bewußt war, findet sich der Pflichtenkreis
der Arbeiterinnen in einer Art abgegrenzt, die sich der reinen Will-
kür des Arbeitsgebers unterwirft, da es lediglich von seinem
Ermessen abhing, sie mit den schwierigsten zeitraubendsten und ver-
hältnißmäßig am schlechtesten bezahlten Arbeiten zu beschäftigen, ohne
jede Gewähr für den zum Lebensunterhalt nothdürftigsten Arbeits-
verdienst bei Aufwand der ganzen Arbeitskraft.
Denn da der Vertrag die von den Verklagten zu leistenden Hand-
lungen blos generisch und die Lohnsätze gar nicht bestimmte, so
fehlte jede thatsächliche Grundlage für die Ermittelung des Umfang es
der Verpflichtung des Klägers zur Beschäftigung der Verklagten ;
diese Lücke des Vertrages ließ sich daher durch Gutachten der Sach-
verständigen nicht ergänzen und schon dieser Mangel macht den Ver-
trag unverbindlich. — § 71,1, 5 a. a. O.

*) § 310 allg. L.-R., I, 5 lautet: In allen Fällen, wo auf Erfüllung de-
VertrageS nicht geklagt werden kann, findet auch die Forderung einer Conven-
tionalstrafe nicht statt.
**) § 871 L -R., I, 11 lautet.- Ist die Vergütung im Vertaage nicht hinläng-
lich bestimmt, so muß die fehlende Bestimmung nach dem Gutachten der Sach-
verständigen ergänzt werden.
Archiv für deutsche- Handelsrecht. Bd. XVII.

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