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Oesterreich. Art. 47 und 49.
des Geschäftes (October 1861, also vor der Wirksamkeit des deutsch.
H.-G.-B.s) maßgebenden § 427 des allg. deutsch. G.-B.s *) aller-
dings als den Beklagten übergeben angesehen werden inuß. Die
Beklagten behaupten zwar, daß der Kläger ihnen nur das Aviso, die
Factura aber dem Agenten Fallh eingesendet habe, und daß sie ohne
Factura die Waare von der Mauth nicht hätten beziehen können.
Allein ganz abgesehen davon, daß sie gar nicht behaupten, daß Fallh
ihnen die Herausgabe der Factura verweigert hätte, und daß, wenn
sie dieselbe von Fallh nicht gefordert, sondern sie ihm belassen haben,
dieß gerade so wie die an Fallh geschehene Aussolgung des Avisos
nur eine eigene freiwillige Handlung der Beklagten gewesen ist, zu-
folge welcher sie sich selbst der Möglichkeit des Bezuges der Maaren
begeben haben, so kann auch die Behauptung, daß mit dem Aviso
allein die Waare von dem Zollamte nicht bezogen werden konnte, nicht
als richtig angesehen werden; denn die Factura ist doch nur die vom
Verkäufer dem Käufer übergebene Waarenspecisication und Preis-
berechnung, welche dem Käufer zu anderen Zwecken, als zum Aus-
weise seiner Bezugslegitimation gegen den Verfrächter zu dienen hat,
und welche der Käufer daher auch nicht aus der Hand geben kann;
zur Bezugslegitimation dient vielmehr aber die Adresse der Sendung
und das ihr entsprechende Aviso, und das letztere ist daher diejenige
Urkunde, durch welche der Adressat in den Stand gesetzt wird, die
ihm übersendete Waare vom Verfrächter zu fordern und in Besitz zu
nehmen, wonach also mit derUebergabe desAviso die
Sache selbst nach § 427 des allg. bürgerl. G.-B.s als über-
geben anzusehen ist.
War nun die in Rede stehende Waare durch das vom Kläger
den Beklagten zugesendete und von ihnen wirklich empfangene Aviso
den Beklagten bereits übergeben, und haben sofort die Beklagten das
*) § 427 des a. b G.-B.s lautet:
„Bei solchen beweglichen Sachen, welche ihrer Beschaffenheit nach keine
körperliche Uebergabe zulaffen, wie bei Schuldforderungen, Frachtgütern; bei
einem Waarenlager oder einer andern Gesammtsache, gestattet das Gesetz die
Uebergabe durch Zeichen, indem der Eigenthümer dem Uebernehmer die Urkunden,
wodurch das Eigenthum dargethan wird, oder die Werkzeuge übergibt, durch die
der Uebernehmer in den Stand gesetzt wird, ausschließend den Besitz der Sache zu
ergreifen; oder indem man mit der Sache ein Merkmal verbindet, woraus Jeder-
mann deutlich erkennen kann, daß die Sache einem Andern überlassen worden ist."