Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 14 (1868))

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Königreich Preußen. Art. 313.

L.-R.*) nicht einmal dem Eigenthümer und vollständigen Besitzer,
geschweige denn dem Besitzer eines Extraditionsscheines zu weichen
habe. Der Schuldner würde sonst das Retentionsrecht jeden Augen-
blick illusorisch machen dürfen. Daß Verklagter dazu früher geschwiegen
und die Zählung und Aufstellung der Bretter, sowie die Abfuhr
anderer Bretter geduldet habe, präjudicire ihm nicht, weil darin ein
Verzicht auf dereinstige Zurückbehaltung der streitigen Bretter
nicht concludent genug enthalten sei, ein solcher auch nur durch Aufgabe
der Gewahrsam hätte erklärt werden können.**) Die unterlassene Be-
nachrichtigung des Gegners von der Ausübung des Retentionsrechts
(nach Art. 315 d. H.-G.-B.s) könnte nur zum Schadensersatz ver-
pflichten.***) Die auf unbedingte Herausgabe der Bretter gerichtete
Klage sei mithin unbegründet. Kch.
Art. 313.
Der Verkäufer kann dieErfüllung desKaufgeschäftes
nicht aus dem Grunde verweigern, weil der Käufer dm
Preis eines früheren Kaufes nicht bezahlt hat, sofern dieß nicht
ausdrücklich als Bedingung für jenes Geschäft verein-
bart worden ist.
Von einem Retentionsrechte aus Art. 313 H.-G.-B. kann,
wenn das Kaufgeschäft eine Waare zum Gegenstände hat,
welche nur durch Zuwägen in das Eigenthum des Käufers
*) § 169: Der unvollständige Besitzer ist, so lange sein Besitzrecht dauert,
keinem Andern, selbst nicht dem vollständigen Besitzer oder dem Eigenthümer zu
weichen schuldig.
§ 6 ib.: „Wer eine Sache, oder ein Recht zwar als fremdes Eigenthum,
aber doch in der Absicht, darüber für sich selbst zu verfügen, in seinen Gewahr-
sam übernommen hat, der heißt ein unvollständiger Besitzers Diese Absicht kann
auch Nachfolgen. Der Grundsatz „nemo sibi causam possessionis mutare potest“
paßt hier nicht. Ueber das Publicianische Recht des unvollständigen Besitzers s.
Förster a. a. O., III, S. 109 u. R. Koch, preuß. Anwalts-Zeitg., Jahrg. 1864,
S. 391 flg.
**) Natürlich kann auch ausdrücklich verzichtet werden —s. Art. 316
d. H.-G.-B. Daß der V e rt r a g, wodurch das Retentionsrecht vonvornherein
ausgeschlossen wird, auch stillschweigend zu Stande kommen kann (Ende-
mann, H.-R., S. 487; Goldschmidt, Zeitschrift, Bd. 4,141) wird damit nicht
geleugnet.
***) v. H ahn a. a. £>., S. 138.

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