Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 8 (1866))

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Abhandlungen.

Bürge soll ihm für die nach Handelsrecht und Handelssitte geregelte
Hauptforderung haften, nicht aber für eine durch civilrechtliche
Rechtssätze ganz anders qualificirte und quantisicirte Forderung,
welche letztere, losgelöst vom Stamm der Hauptschuld und also Leben
und Charakter verlierend, zu einer juristischen Unmöglichkeit wird.
VII. Ganz anders verhält es sich mit der nebenhergehenden
Controverse,
ob die Handelsgerichte zur Entscheidung über die Klage
gegen den nicht-kaufmännischen Bürgen competent seien?
denn die Begriffe „Handelsgeschäft" und „Competenz des Handels-
gerichts" decken einander nicht. Die Sphäre des ersteren ist eine
weitere. Die Competenz der Handelsgerichte ist durch die positiven
Landesgesetze auf gewisse Clafsen von Handelsgeschäften beschränkt.
Nach der speciellen Bestimmung des Art. 47 des preuß. Einf.-Ges.
zum H.-G.-B. *) kann der nicht-kaufmännische Bürge in unserem
Falle nicht von dem Handelsgericht belangt werden; denn seine Ver-
bindlichkeit ist nicht die eines Kaufmanns aus seinen Handelsge-
schäften, die Bürgschaft ist auf seiner Seite kein Handelsgeschäft, und
gehört auch nicht zu den in Art. 2, Ziffer 2—7 ausgeführten Han-
delssachen. Insofern können wir also die Ansicht der Handelsgerichte
zu Köln und Gladbach nicht billigen, müssen vielmehr der entgegen-
stehenden Ansicht des Appellat.-Gerichtshofs zu Köln, (Busch Arch.,
Bd. IV, S. 328. 331.) durchweg beitreten.
VIII. Das zwischen dem Hauptschuldner unddem
Bürgen bestehende Rechtsverhältniß endlich setzt zwar
ebenfalls die gegenwärtige, oder doch künftige Existenz eines Haupt-
vertrages voraus, ist aber im Uebrigen völlig selbstständiger Natur.
Dieses Rechtsverhältniß ist also, dafern es nicht seiner eigenen Natur
nach ein Handelsgeschäft ist, nach den betreffenden Sätzen des Civil-
*) Art. 47 preuß. Einf.-Ges. Die Handelsgerichte sind zuständig:
1. für alle Rechtsstreitigkeiten über Verbindlichkeiten eines Kaufmannes
aus seinen Handelsgeschäften;
2. für alle Rechtsstreitigkeiten über Verbindlichkeiten eines Nichtkaufmannes
aus einem Handelsgeschäfte, wenn das Geschäft auf Seiten dieses
Nichtkaufmanns ein Handelsgeschäft ist;
3. für alle Rechtsstreitigkeiten über die in Art. 2, Ziff. 2—7 aufgeführten
Handelssachen, ohne Unterschied der Personen;
4. für alle Rechtsstreitigkeiten über Wechselverbindlichkeiten.

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