Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 8 (1866))

Ueber die handelsrechtliche Natur der accessorischen Rechtsgeschäfte. 421
trifft) wesentlich in den nachfolgenden beiden Momenten seinen
Grund finden:
1) Das Handelsgesetzbuch ist als ein Erzeugniß der Gegen-
wart auf vie moderneren und freieren Rechtsprincipien des heutigen
Verkehrslebens gegründet, während das von ihm verdrängte parti-
culäre Handelsrecht einen Rechtszustand fipirte, der als ein theilweise
antiquirter oft viele Decennien hinter uns lag.
Das gemeine Handelsrecht erfreut sich zwar einer größeren
Beweglichkeit und Entwickelungsfähigkeit. Dafür ist es aber mit
einer Last von Controversen beschwert, die vem Richter bei der Ent-
scheidung eines jeden concreten Falles wohl nur selten vollständig
vorliegen, noch seltener aus den Quellen von ihm eingehend geprüft
und selbstständig entschieden werden können; daher denn in sehr vielen
Fällen die Meinung desjenigen Rechtslebrers, dessen Autorität für
den Richter entscheidend ist, oder dessen Handbuch oder Collegienheft
er zur Hand hat, den Ausschlag geben wird. Auch für das Gebiet
des gemeinen Handelsrechts ist also die Fixirung der modernen
Rechtsprincipien eine wesentliche Verbesserung, insofern sie einer
großen Anzahl von täglich vorkommenden und epcitirenden Contro-
versen unbeschadet ihres historischen und wissenschaftlichen Werths,
die praktische Bedeutung genommen hat.
2) 3m Handelsgesetzbuch ist ferner ein gemeinsames deut-
sches Recht geschaffen. Dieses Umstandes Bedeutung liegt nicht
sowohl in seiner politischen Tragweite, nicht sowohl darin, daß der
Handelsverkehr zwischen den verschiedenen deutschen Staaten an
Sicherheit und Uebersichtlichkeit des gemeinschaftlichen Rechts ge-
wonnen hat — als besonders darin, daß die Auslegung, Anwendung
und Fortentwicklung des Handelsgesetzbuches nicht ferner aus dem
mehr oder weniger einseitigen Standpunkte der in einem einzelnen
Staate herrschenden Rechtsanschauung sich vollzieht, sondern von
eben so vielen Rechtsstandpunkten aus unternommen wird, als die Zahl
der Staaten beträgt, in denen das Handelsgesetzbuch eingeführt ist.
Wie bei der chemischen Analyse die Natur eines Stoffes um so
sicherer bestimmt wird, mit je mehr Reagentien er geprüft wird, so
wird auch der im Handelsgesetzbuch niedergelegte Rechtsstoff um so
sicherer erkannt werden, auf je verschiedenartigere Rechtsanschau-
ungen er zu reagiren Veranlassung findet. Wer diese Reaction be-

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