Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 12 (1868))

Königreich Preußen. Art. 318 flg., 347. 301
als ein ganz neues, sondern nur als das modificirte ursprüngliche
Geschäft.
Eine solche Ratihabitio» hat aber nach den eigenen Zugeständ-
nissen des Verklagten in der That stattgefunden.
Es kann dahingestellt bleiben, ob (wie der erste Richter annimmt)
der Verklagte schon damit, daß er die Siegel der Fässer erbrach und
die Fässer spundvoll machte, dergestalt über die empfangene Waare
disponirte, daß daraus eine Genehmigung der Abweichung von dem
Aufträge (oder, wenn man will, eine Annahme der durch die mit
übersandte Factur ausgedrückten neuen Offerte der Kläger) zu folgern
ist. Auch wenn diese Folgerung nicht zu machen wäre, würde die
Ratihabition (resp. die Annahme der neuen Offerte) doch aus dem
bis zum September 1864 fortgesetzten Stillschweigen des Verklagten
zu entnehmen sein.
Im Allgemeinen kommt zwar nach Art. 318 flg. des H.-G.-B.s
durch bloßes Stillschweigen auf eine Offerte ein Vertrag nicht zu
Stande; allein damit ist nicht gesagt, daß nicht ein solches Still-
schweigen durch hinzutretende andere Umstände den Charakter einer
stillschweigenden Willensäußerung erhalten könne, welche nach § 59,
I, 4 a. L.-R. gleiche Kraft mit einer ausdrücklichen hat.
Solche Umstände sind aber im vorliegenden Falle folgende:
daß die Offerte der Kläger in Verbindung mit einer wirklich ge-
schehenen Bestellung des Verklagten steht, daß sie sich nur als eine Ueber-
schreitung der Bestellung ratione quantitatis et temporis darstellt.
Von dem angegebenen Gesichtspunkte aus bleibt dieser Umstand
erheblich, ohne daß man sich gerade auf Art. 323 oder 347 H.-G.-B.,
welchen ein ähnlicher Gedanke zu Grunde liegt, zu beziehen braucht.
Ferner treten hinzu:
daß es keine einfache, sondern eine mit Uebersendung der Waare
verbundene Offerte war;
daß Verklagter seinen eventuellen Willen, die Sendung zu be-
halten, wenn sie ihm convenire, durch Eröffnung der Siegel und
Entnahme einer Probe documentirte, und daß derselbe (auch nicht
einmal im Processe) nirgend etwas dafür anführt, daß die genom-
mene Probe seinen Erwartungen nicht entsprochen habe;
daß er fast 4 Monate im Besitze der Waare blieb, ohne den
Klägern irgendwie sein Mißfallen an der Abweichung vom Vertrage

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