Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 5 (1865))

172

Wer hat den Schaden zu tragen, wenn bei durch

breiteteren und verwickelteren Verkehrsverhältnissen mehr entsprechen-
der Weise weiter ausgebildet hat (vergl. Art. 282. 323. 361 des
allg. deutschen Handelsgesetzbuchs).
Daß aber diese freieren Grundsätze des Handelsrechts bei einem
der jüngsten Neuzeit entstammenden und zum Abschluß von Handels-
geschäften in so umfangreicher Weise benutzten Verkehrsin st itute,
wie der Telegraph doch unzweifelhaft ist, ebenfalls in Anwendung zu
bringen sind, kann doch gewiß nicht dem geringsten Bedenken unter-
liegen. So gut aber, wie wir oben gesehen haben, der Kaufmann
für sein Handelspersonal, die Dienstherrschaft für ihre Dienstboten
haftbar zu erklären ist, ebensogut ist auch aus demselben rechtlichen
Grunde der culpa iu eligendo der Absender eines Boten für diesen,
und aus dem gleichen Grunde der Wahl eines unzuverlässigen Cor-
respondenzmittels, der Absender eines Telegrammes dem Adressaten
gegenüber für das richtige Telegraphiren haftbar zu erklären.
Die Partieularrechte und neueren Gesetzgebungen gehen hierin
noch weiter. Sie gehen gar nicht einmal aus die eulpa in eligendo
zurück, sondern sprechen wielmehr ganz allgemein aus, daß Jeder, der
einen Dritten durch sein Thun, durch eine von ihm ausgehende Hand-
lung (einerlei ob von ihm selbst oder von einem Stellvertreter, welcher
Art auch immer ausgehend) in Schaden bringt, dem beschädigten Drit-
ten den verursachten Schaden zu ersetzen hat.
Vergl. Allg. preuß. Landr. I. Tit. 4, § 79; Tit. 5, §284.
Code Napoleon Art. 1382.
Eine solche Rechtsanschauung steht der unsrigen, steht der Praxis
der Gerichte, steht dem allgem. D. H.-G.-B. offenbar viel näher, als
die angeblich allein auf dem richtigen Verständniß der römischen
Rechtsquellen fußende, nämlich daß bei mangelnder Willensüber-
einstimmung ein Contraet nicht zu Stande gekommen und damit aller
und jeder Anspruch, welcher mit dem intendirten Contraet in Ver-
bindung gebracht werden könnte, in Wegfall kommen müsse.
Wir dürfen darum auch füglich behaupten, daß auch wenn man in
Bezug auf die telegraphische Correspondenz bestreiten wollte, daß der
Grundsatz der culpa in eligendo hier Anwendung finden könnte, die
Haftbarkeit des Absenders immer schon darum anzuerkennen ist, weil
immer nur er die Schuld trägt, daß der Adressat in Schaden ge-
kommen ist, während doch dieser selbst durchaus unschuldig ist. Zu

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer