Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 13 (1868))

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Königreich Bayern. Art. 357.355.

Zu Art. 337. 335.
In der vorbehaltslosen Annahme einer bestellten Waare
nach Ablauf der Lieferzeit liegt der Verzicht auf Scha-
densersatz wegen verspäteter Lieferung.
Dieser Satz wurde von dem Handels-Appellationsgericht schon
in mehrfachen Erkenntnissen festgehalten; in den Gründen eines
solchen vom 5. November 1866 ist darüber ausgeführt:
Es liegt in der Natur der Sache und entspricht auch der im
Handelsverkehre herrschenden Anschauung, daß der Käufer, welcher
von dem in der Uebergabe der Waare säumigen Verkäufer Erfüllung
sowie Schadensersatz wegen verspäteter Erfüllung zu fordern berech-
tigt ist, anderseits auch gehalten sein muß, sich, wenn der in Verzug
befindliche Verkäufer nachträglich freiwillig erfüllt, ausdrücklich zu
erklären, daß er sich mit dieser nachträglichen Erfüllung nicht be-
gnüge, daß er sie nicht als gleichsam fehlerlos geschehen annehme.
Unterläßt er eine solche Erinnerung, so wird sein Stillschweigen mit
Recht dahin gedeutet, daß er mit der Erfüllung, wie solche ihm
vom Verkäufer geboten wurde, also auch mit derselben hin-
sichtlich der Zeit, einverstanden sei, daß er die Leistung, welche ihm
vom Verkäufer in der Absicht, seine vertragsmäßige Schuld zu
tilgen, gemacht wurde, auch als vollständige Tilgung dieser
Schuld annehmen wolle.
Da das nachträgliche Offert des Verkäufers die gänzliche
Tilgung der bereits verfallenen Schuld bezweckt, so muß auch dessen
Annahme von Seite des Käufers als Zustimmung zu der durch
das Offert bethätigten Willenserklärung des ersteren gelten, sofern
nicht durch eine ausdrückliche Erklärung des letzteren eine solche
Annahme ausgeschlossen ist.
Der Beklagte hat dagegen zwar geltend gemacht, daß er nicht
schon nach Lieferung der ersten Hälfte Anstände wegen der Zahlung
und Erinnerungen wegen verspäteter Lieferung habe erheben wollen,
weil er in diesem Falle mit Grund hätte befürchten müssen, daß sich
Kläger der Lieferung der zweiten Hälfte ganz und gar weigern würde.
Allein gerade aus diesem Vorbringen geht hervor, daß sich Käufer
die verspätete Lieferung gefallen ließ, damit er nicht mit Lieferung
der zweiten Hälfte Anstände bekomme, daß er schwieg, weil er wegen

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