Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 1 (1863))

248 Kann d. Staat wegen seiner Handelsinstitute als Kausm. anges, werden?
Es fragt sich nun zunächst, ob der Staat wegen seiner Anstalten,
die zum Betriebe von Geschäften der in Art. 271 und 272 gedachten
Art errichtet sind, als Kaufmann im weiteren Sinne zu betrachten ist.
Faßt man den in Art. 4 des Handelsgesetzbuchs aufgenommenen
Begriff „gewerbmäßig" richtig auf, wie ihn Hahn in seinem Com-
mentar Seite 9 erläutert hat, so erscheint als Kaufmann jede Person,
welche Geschäfte der in Art. 271 und 272, Abs. 1, Nr. 1—5 bezeich-
nten Art in der Weise im eigenen Namen betreibt, daß ihr Wille von
vornherein auf den Abschluß von ganzen Reihen solcher Geschäfte, die
eine zusammenhängende Masse bilden, gerichtet ist. Abgesehen von
einzelnen concreten Fragen, ob dieses oder jenes Geschäft unter die in
Art. 271 und 272 aufgezählten Geschäftsarten zu rechnen sei, dürfte
der Begriff des Kaufmanns im Sinne des Art. 4 kaum zweifelhaft
erscheinen. Am wenigsten kann die Anwendung desselben auf solche
Personen bestritten werden, welche ganze Reihen solcher Handels-
geschäfte nicht nur factisch im eigenen Namen abschließen, sondern
auch besondere Einrichtungen getroffen haben, die auf Ermöglichung
und Erleichterung dieser Geschäfte ganz vorzüglich oder ausdrücklich
gerichtet sind, indem gerade hierin das charakteristische Merkmal dafür
zu erkennen ist, daß sie die Geschäfte nicht nur bei vorkommenden Ge-
legenheiten, sondern gewerbmäßig betreiben. Vergl. Hahn's Commen-
tar S. 9. — Wer die Person ist, welche Geschäfte solcher Art in der
angegebenen Weise betreibt, ist sowohl für die Eigenschaft der Ge-
schäfte als Handelsgeschäfte (Art. 276), wie für den Begriff des
Kaufmanns ganz gleichgiltig; es mag dies eine physische oder eine
juristische Person (Seite 1260 der Nürnberger Protocolle), ein ein-
zelner Mensch, eine Mehrzahl bestimmter Personen oder eine Actien-
gesellschaft sein (Art. 5). Ebenso ist es ganz irrelevant hierfür, ob
der Betrieb der fraglichen Geschäfte zum Lebensunterhalte des In-
habers, ob mit dessen ganzem oder hauptsächlichstem Capital, ob aus
gewinnsüchtiger Absicht geschieht. Wie alle juristischen Personen, die
besondere Einrichtungen zur Betreibung von Handelsgeschäften be-
sitzen, dürften auch die Staaten mit ihren Handelsmonopolen, ihren
Fabrikunternehmungen, ihren Eisenbahnen als Kaufleute im Sinne
des Art. 4 des Handelsgesetzbuches zu betrachten sein.
'Nur wird den vom Staat betriebenen Handelsinstituten insofern
eine eigene Persönlichkeit beigelegt werden müssen,,als nur diese

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