Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 25 (1872))

46

Königreich Bayern. Art. 355, 356.

selbst begründeten Handlung zu machen. Nur Schadensersatzan-
sprüche wegen verspäteter oder nicht gehöriger Erfüllung könnte er
noch haben; diese aber geben ihm, wie bereits bemerkt, nicht das
Rechts die Erfüllung seinerseits durchaus zu verweigern, sondern
nur die Befugniß, sich in soweit seiner Verbindlichkeiten zu ent-
ledigen, als sich eine Forderung für ihn aus ungehöriger oder
verspäteter Lieferung ableiten läßt.
Ein Grund zur Abweisung der Klage ist demnach nicht gegeben.
Die weitere Beschwerde des Appellanten ist gegen die Fassung
der handelsgerichtlichen Beweisauflage gerichtet und gibt zu fol-
genden rechtlichen Betrachtungen Anlaß.
Der Ersatzanspruch des Beklagten ist darauf gegründet, daß
der Kläger nicht zur rechten Zeit die bedungene Ablieferung der
verkauften Blöcher durch Vertriftung derselben in den Regenfluß
vorgenommen und dadurch den Beklagten veranlaßt habe, zur Ab-
wendung des ihm drohenden Schadens die Triftung selbst vor-
nehmen zu lassen. Darnach war also der Verkäufer mit der
Uebergabe der Waare im Verzug und sohin der Fall gegeben, für
welchen Art. 355 des H.-G.-B. gesetzliche Bestimmungen giebt,
welche auch der Appellant selbst als maßgebend anführt.
Nach jenem Artikel war nun aber dem Käufer, hier Beklag-
ten, bei solchem Verzüge des Verkäufers ein dreifaches Wahlrecht
gegeben. Allein keiner dieser drei Wege hat dem Beklagten be-
liebt. Die beiden letzteren können nach der Sachlage ohnehin
nicht in Betracht kommen, aber auch den ersteren hat der Be-
klagte nicht eingeschlagen. Er hat nicht einmal behauptet, daß er
den Kläger nach Ablauf der Lieferzeit zur nachträglichen Erfüllung
aufgefordert habe, sondern er giebt zu, daß er sofort selbstthätig
eingriff und sich in den Besitz des Holzes setzte. Ein Schaden
durch die verspätete Erfüllung ist ihm also gar nicht erwachsen,
weil er selbst der Entstehung eines solchen vorbeugte. Nachdem
er aber nicht den gesetzlichen Weg einschlug, um jene Rechte gegen
den Verkäufer zu wahren, und nachdem er von diesem eine Er-
füllung seiner Verbindlichkeiten gar nicht verlangt hatte, müßten
die Folgen seiner Handlungsweise, welche zunächst in seinem eige-
nen Interesse und nicht ist demjenigen des Klägers ihren Grund
hatte, auch nur ihm selbst zur Last fallen.

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer