Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 25 (1872))

Königreich Bayern. Art. 355, 356.

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entbunden werden sollen, eventuell weil aus der Beweisauflage
verschiedene Punkte zu streichen seien.
Diese Beschwerden fanden durch das Handelsappellations-
gericht in dessen Erkenntnis v. 8. Januar 1869 folgende Wür-
digung :
Appellant glaubt, jene erste Berufungsbitte um Abweisung
der gestellten Klage durch den Satz rechtfertigen zu können, daß
bei zweiseitigen Verträgen nur derjenige Contrahent auf Erfüllung
dringen könne, welcher seinerseits alle ihm vertragsgemäß oblie-
genden Verbindlichkeiten bereits erfüllt habe, allein er hat es
unterlassen, diesen Satz selbst zu rechtfertigen, und in der allge-
meinen Weise, wie er aufgestellt ist, läßt er sich in Bezug auf
die hier gegebenen Verhältnisse auch nicht rechtfertigen.
Vor Allem ist zu bemerken, daß in dem Vorbringen, der
klagende Verkäufer habe seinerseits nicht vollständig erfüllt, eine
Einrede liegt, eine solche aber nur dann zur Klagsabweisung
führen könnte, wenn sie bereits liquid wäre. Dies ist aber hier
nicht der Fall, denn der Kläger widerspricht ja, daß er noch
irgend etwas an den Beklagten zu leisten habe, sowie daß ihm
irgend ein Verschulden bei Erfüllung des Kaufes zur Last falle,
und die gegentheilige Behauptung des Appellanten, daß eine Ver-
tragswidrigkeit des Klägers bereits feststehe, ist unrichtig.
Sodann aber kann mit der Einrede des nicht erfüllten Ver-
trages nicht jeder Anspruch des Verkäufers beseitigt werden,
sondern dieses nur in soweit geschehen, als der Beklagte seinerseits
noch Anspruch auf Erfüllung und ein Interesse an der Vornahme
der vom Verkäufer unterlassenen Handlungen hat. Ein solches
Interesse hat nun aber der Beklagte durch Aufstellung seiner
Gegenforderungen geltend gemacht, und gerade darüber, in wie
ferne derselbe noch Ansprüche gegen den Kläger zu machen hat
und in wieweit dadurch der verlangte Kaufschillingsrest ausge-
glichen werden kann, besteht ja der Streit. Endlich ist der Ver-
trag bereits erfüllt.
Der Beklagte hat nach Ausgleichung der Differenz bezüglich
der fehlenden 16 Stück Blöcher Alles erhalten, was er zu ver-
langen berechtigt ist, und hat keinerlei Anspruch mehr auf Ueber-
gabe der Waare oder Leistung einer sonstigen im Kaufverträge

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