Königreich Sachsen. Art. 423.
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Hinweisung auf die Sachrichtigkeit dieses Beweises, desselben um
deswillen überhoben zu sein, weil, nach der Bestimmung in § 19
Abs. 2 des Reglements für den Vereinsgüterverkehr vom 1. März
1865, das Gut 4 Wochen nach Ablauf der Lieferungszeit als in
Verlust gerathen zu betrachten, dieser Zeitraum aber langst abge-
laufen sei.
Dem Beklagten ist dagegen einzuhalten, daß diese Reglements-
bestimmung, wie das Wort „erst" andeutet, blos den frühesten
Zeitpunkt, von welchem ab das Gut als in Verlust gerathen zu
betrachten sei, sestsetzt, daß ferner darin füglich blos ein das
Rechtsverhältniß der vereinigten Bahnverwaltungen unter einander,
bezüglich ihrer gegenseitigen Vertretungs- oder Ersatzansprüche
regelnde innere Norm erblickt werden kann, und daß endlich diese
Norm, selbst wenn man sie als eine im Verkehr mit den Fracht-
gebern auch für diese maaßgebende ansehen wollte, etwas Mehreres
nicht besagt, als daß die letzteren erst von dem angegebenen Zeit-
punkte an etwaige Ansprüche wegen Verlust des Frachtgutes er-
heben dürfen, nicht auch daß sie dieselben erheben müssen,
daher Rückgabe des Frachtgutes zu verlangen nicht weiter berech-
tigt sind. Gegen die Auslegung in dem zuletzt genannten Sinne
und für die Annahme, daß die ganze Bestimmung eine rein regle-
mentäre, und für das Verhältniß der Eisenbahnverwaltungen unter
sich gültige sein solle, spricht entschieden die Disposition in Art. 423,
welche den Eisenbahnen die Ausschließung oder Beschränkung der
in Art. 395, 396, 397, 400, 401, 404 enthaltenen Bestimmungen
über die Verpflichtungen des Frachtführers zum Schadenersatz,
sei es in Bezug auf den Eintritt, den Umfang oder die Dauer der
Verpflichtung, oder in Bezug auf die Beweislast im Allgemeinen
verbietet, und ausschließlich in den durch die nachfolgenden Artikel
nachgelassenen Richtungen gestattet. Nun ist aber in keinem der
Art. 424 fs. gesagt, daß der Eintritt der Schadenersatzpflichtig^
des Frachtführers in irgend einer Weise in dessen willkürliches
Ermessen gestellt werden dürfe, oder daß er von der, nach allge-
meinen Grundsätzen, wie nach Art. 402, zweifellosen Verbindlich-
keit, das Fracktgut, auf rechtzeitiges Verlangen desselben, zurückzu-
geben, anders sich befreien könne, als durch den, der Natur der
Sache nach, ihm obliegenden Beweis, daß er durch Verlust oder