Full text: Archiv für Theorie und Praxis des allgemeinen deutschen Handelsrechts (Bd. 22 (1871))

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Abhandlungen.

Frage: wem bei einem bedingten Zugeständnisse des Verklagten
der Beweis obliegt? dahin beantwortet werden muß: daß der Be-
weis des streitigerr Theils der Einlassung des Verklagten den all-
gemeinen Regeln über die Beweislast unterliegt. *) Nun hat nach
diesen Regeln der Kläger nur diejenigen streitigen Thatsachen zu
beweisen, welche zur Begründung der Klage selbst gehören.
Im vorliegenden Falle des Art. 55 hat aber der Kläger gar
nicht nöthig in der Klage die Behauptung aufzustellen, daß der
Verklagte das Geschäft im angeblichen ihm aber nicht ertheilten
Aufträge eines Dritten abgeschlossen hat. Der Kläger kann es
vielmehr dem Verklagten überlassen einzuwenden, und also zu be-
weisen, daß er das Geschäft im Namen eines Dritten abgeschlos-
sen und dieser ihm dazu Vollmacht ertheilt hat, weshalb der
Kläger sich nur an diesen Dritten halten könne.
So lag die Sache auch in einem vom Appellationsgerichte zu
'Naumburg entschiedenen Falle, in welchem Klager nur behauptete,
der Verklagte habe die Waare gekauft, und der Verklagte einwen-
dete, er habe den Kauf im Aufträge und "Namen eines Dritten
abgeschlossen. In dem vom O.-H.-G. zu Stuttgart entschiedenen
Prozeß war aber schon in der Klage angeführt, daß der Ver-
klagte ohne Ermächtigung dazu für einen Dritten abgeschlossen
habe. Dies kann jedoch in der Beweislast nichts ändern. Die
Klage war auch ohne dies Anführen gegen den Verklagten begründet.
Dies Anführen in der Klage war deshalb eine anticipirte Einrede,
deren Beweis also der Verklagte, nicht der Kläger zu führen hat.
Diese auf die Beweis theorie gestützte Entscheidung ent-
spricht aber auch dem praktischen Bedürfnisse und der Billig-
keit.
Zwar konnte, wie das O.-H.-G. zu Stuttgart hervorhebt,
der Kläger schon vor Eingehung des Geschäfts vom Verklagten
den Nachweis verlangen, daß -er mit der angeblichen Vollmacht
versehn sei. Diese Besugniß des Klägers ist aber nicht als eine
unbedingte Verpflichtung aufzufassen. Eine solche Verpflichtung
würde, wie auch S. 962 der Conferenzprotokolle bei Berathnng
tz Martin, Vorlesungen über die Theorie des gemeinen Prozesses, Bd.
II, S. 35 und Pensom IV, Th. 3, Abch. I, S. 149 der Preußischen Gesetz-
revision.

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