314 Das Römische Recht in Frankreich seit 1830.
schen Universitäten herüber wirkte war rie 1820 begon-
nene Laufbahn geschlossen. Im Januar 1831 erschien daS
letzte Heft jener Zeitschrift.
Nur vicljährige Bestrebungen konnten in Frankreich auf
den Gang der Rechtswissenschaft einen fühlbaren Einfluß
äußern. Eine neue Generation von Lehrern, welchen der Stand
der Wissenschaft in Deutschland nicht unbekannt geblieben,
konnte allein tiefer cingreifen und Neues in die stets im
Geiste dcö Kaiserreichs fortwirkende praktische Jurisprudenz
bringen; mehr noch hätte eine liberalere Organisation der
französischen Rechrsschulen gewirkt. Auch mußte die Zeit
weniger aufgeregt seyn, damit nicht das politische ^Interesse
daS der nur still wirkenden uninteressirten Studien nicht
stets absorbirte. Es war inzwischen am juristischen Himmel
Frankreichs ein neuer glänzender Stern in Ler minier auf-
gegangen , dessen Erscheinen wir mit den schönsten Erwar-
tungen begrüßten.s) — Allein das große Erciqniß vom Juli
1830 machte der begonnenen Richtung gewaltsam ein Ende.
Die Pariser RcchtSschule verlor mehrere ihrer älter»
Lehrer; Delvincourt und PardessuS traten aus,andere
lasen nicht mehr. Blondeau'S Erhebung zum Decan der
Facultät hatte allerdings die wohlthätige Wirkung, daß die
bisher vielgedrückte Schule siegend wurde, in den seitdem
abgehaltenen Concurs um frei gewordene Lehrstellen ver-
stärkten sich die Freunde der Neuerungen. Aber es zerfiel
die Facultät in zwei Partheien, die sich feindselig bekämpf,
ten, so daß dasAuftreten eines berühmten Lehrers, nemlich
Rossi'S, den alle mit Freude hätten in ihrer Mitte auf-
nehmcn sollen, mit Stürmen begleitet war, welche das ge-
lehrte Europa in Erstaunen setzten, und denjenigen zur Schan-
de gereichen, durch deren Einfluß die des gebildeten Frank-
reichs unwürdige Bewegungen der Rechtsschule im Herbste
1831 entstanden waren. —
Die Pariser Facultät hatte seit 1831 kein Organ ihrer
Doctrin mehr, ja eS liegt am Tage, daß sie keine ihr
angchörende Doctrin mehr hat. Der Individualismus hat
3) In der Zeitschrift für die Gesetzgebung und Rechtswissen-
schaft des Auslandes. 2ter Band. 1830. S. 143.